Die ÖVP ortet im Zusammenhang mit der maßgeschneiderten Ausschreibung einen „SPÖ-Skandal“, seien doch mit Brigitte Ederer und Sonja Wehsely gleich zwei prominente Rote nach ihrer Polit-Karriere in den Konzern gewechselt.
Mit einer Anfrage will ÖVP-Gesundheitssprecherin Ingrid Korosec nun klären, ob es zu „ungehörigen Absprachen“ gekommen sei. Auch ein Sondergemeinderat ist geplant. Der WIGEV bestreitet alle Vorwürfe von parteipolitischer Einflussnahme auf die Vergabe.
Kein Einzelfall
Dem gelernten Österreicher kommt all das sehr bekannt vor: Immer wieder wird gemutmaßt, dass Ausschreibungen so formuliert sind, dass nur ein bestimmter Bewerber gewinnen kann. Das gilt für bestimmte Anschaffungen oder Bauprojekte durch die öffentliche Hand genauso wie für Personalbestellungen. Allein für heuer zählt das Wiener Landesverwaltungsgericht bereits zwölf Beschwerden gegen Verfahren, im gesamten Vorjahr waren es 39. Wobei diese Zahl auch mehrere Beschwerden gegen einzelne Ausschreibungen enthält.
„Solche maßgeschneiderten Ausschreibungen sind ein ganz zentrales Problem“, sagt Bettina Knötzl, Präsidentin des Beirats von Transparency International Austria zum KURIER. „Wahrscheinlich spielen sie eine noch größere Rolle als Infos, die unter der Hand weitergegeben werden, um irgendwen zu bevorzugen.“ Wobei die Juristin hier kein Wien-spezifisches Problem sieht. Wohl aber ein Österreich-spezifisches: „In einem so kleinen Land kennen fast alle Entscheidungsträger einander, so entsteht eine Kultur des Leben und Lebenlassen.“ Es sei jedenfalls kein Wunder, das Österreich im Transparenz-Index nicht im europäischen Spitzenfeld liege.
An sich würden die geltenden rechtlichen Regeln laut Knötzl solche Praktiken klar untersagen, allein es fehle das Problembewusstsein. „Es handelt sich um kein Kavaliersdelikt. Man befindet sich auch nicht in einem Graubereich, sondern in einem schwarzen Bereich, wenn man so will.“
Angst vor Klagen
Bewusstsein ließe sich schaffen, wenn noch mehr von maßgeschneiderten Ausschreibungen Benachteiligte vor Gericht gehen würden, ist Knötzl überzeugt. „Viele verfolgen diese Ansprüche gegen den Mitbewerber nicht – wohl auch aus Sorge künftig vom angepatzten Auftraggeber keine Aufträge mehr zu bekommen.“
„Außerdem muss der Kläger vor Gericht den Kausalitätsbeweis erbringen“, sagt die Juristin. Sprich: Er muss belegen können, dass er zum Zug gekommen wäre, wenn die Ausschreibung neutral gestaltet gewesen wäre. „Und das ist mitunter sehr schwierig.“ Aber nicht unmöglich, wie der aktuelle Fall zeigt.
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