Zu einem Weihnachtsmarkt gehören ein Christbaum, dekorierte Holzhütten, Punsch und Glühwein, der Duft von Maroni und gebrannten Mandeln – und natürlich eine Krippe. Natürlich? Der neu konzipierte Weihnachtsmarkt vor dem Schloss Schönbrunn verzichtet heuer ganz auf die Miniatur-Darstellung der Heiligen Familie samt Ochs, Esel, Hirten und Co.
Dabei war die aus 200 geschnitzten Figuren bestehende Schönbrunner Krippe unter dem großen Baum früher der Hingucker im Ehrenhof – bei Groß und vor allem Klein äußerst beliebt. Und in der Krippe materialisiert sich ja nicht nur die biblische Weihnachtsgeschichte, sondern sie führt in der Hektik des Advents zurück zum Kern des Weihnachtsfestes: die Geburt Christi.
„Wir suchen auf dem Christkindlmarkt immer nach der Krippe und erzählen uns dann gemeinsam mit den Kindern die Geschichte, wie Maria und Josef vergeblich nach einer Herberge gesucht haben“, berichtet KURIER-Leserin Antonia Fröhlich-Egerer.
Kritik an Neuausrichtung
Daher war die Enttäuschung recht groß, als die Suche heuer erfolglos blieb; die Kinder fanden unterm Baum nämlich nicht das Jesuskind, sondern „nur einen Haufen dekorativer Geschenkpakete und Lautsprecher, aus denen Weihnachtsmusik dröhnt“, erzählt die vierfache Mutter. Greller Kommerz statt stille Besinnlichkeit also – „das spricht Bände“.
Sie ist mit ihrer Kritik nicht allein: Auf der Plattform Tripadvisor finden sich schon etliche Eintragungen, in denen der Nachfolger des alten „Kultur- & Weihnachtsmarkt“ mehrfach negativ bewertet wird: Außer dem fehlenden Stall zu Bethlehem („Kommerzialisierter Markt ohne Krippe“) wird auch das verlustig gegangene Ambiente bedauert: „Der Weihnachtsmarkt hat seine elegante weihnachtliche Note total verloren“, moniert ein Besucher, „vom weihnachtlichen Zauber ist jede Spur verschwunden“, meint ein anderer Gast.
Allgemeiner Tenor ist, dass Kitsch und Kommerz überhandgenommen hätten und der Markt nunmehr einem Rummelplatz gleiche – mit Eisstock- und Eislaufplatz aus Plastik und einem kleinen Riesenrad.
Wünsche für nächstes Jahr
Letztere Attraktionen sollten eigentlich mehr Weihnachtszauber für Kinder nach Schönbrunn bringen, und das neue Konzept soll auch generell wieder mehr Familien ansprechen.
Doch warum wurde dann ausgerechnet auf eine Krippe verzichtet? Einen konkreten Grund kann Katrin Edtmeier vom Betreiber „Imperial Markets“ nicht nennen, kündigt aber an: „Im neuen Konzept war die Krippe zunächst nicht vorgesehen. Wir schätzen jedoch jede Anregung. Es ist durchaus vorstellbar, den einen oder anderen Wunsch für die Planung im nächsten Jahr in Betracht zu ziehen.“
Grundsätzliche bekenne man sich dazu, den „traditionellen Charakter des Weihnachtsmarkts“ fortzuführen, weshalb man auch „fast alle“ Kunsthandwerksstände vom Vorgängermarkt übernommen hätte, so Edtmeier.
Krippe zu verkaufen
Wer wissen will, was aus der alten Krippe – gefertigt von einem Osttiroler Holzschnitzer – geworden ist, wird auf der Homepage des früheren Betreibers fündig: Gabriela Schmidle, die einstige Organisatorin, hat sukzessive das Markt-Inventar abverkauft – doch dieses Highlight (in einem Schaukasten aus Panzerglas) wird für die Kleinigkeit von 11.000 Euro noch offeriert. „Sie ist aber auf Option reserviert“, so Schmidle. Abertausende Kinderaugen haben sie seit 2012 schon bestaunt.
Eine pikante Note aus der Geschichte hat der Krippen-Bann zu Schönbrunn aber noch: Wollten sich Traditionalisten auf die katholische Maria Theresia als Schönbrunner Hausherrin berufen, gehen sie irre. Die Monarchin ließ im 18. Jahrhundert das Aufstellen von Krippen an öffentlichen Orten nämlich verbieten. Wodurch sie dann erst recht im privaten Bereich boomten und unverzichtbarer Bestandteil von Weihnachten wurden.
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