Auf dem Areal des stillgelegten Opel-Werks ist in Bochum ein Wirtschaftspark entstanden
Sowohl in Wien als auch in Bochum hat der Autohersteller Opel ein stillgelegtes Werk hinterlassen. In Bochum ist daraus ein Wirtschaftspark entstanden, in Wien sucht man derzeit Ideen.
Das Image, das der Autohersteller Opel hinterlassen hat, soll weg. Allmählich abstreifen, lautet das Ziel in der deutschen Stadt Bochum, wo der Konzern 2014 sein riesiges Werk nach mehr als 50 Jahren schloss – und Tausende arbeitslos zurückließ.
Unmittelbar danach begann der Abriss der immensen Werkshallen. Der Fokus galt der Zukunft: Innerhalb von zehn Jahren ist hier deshalb ein Wirtschafts- und Technologie-Campus entstanden.
Opel verabschiedet sich
Zuerst noch in Zusammenarbeit mit Opel. Als der Konzern 2022 dann aber ausstieg, übernahm die „Bochum Perspektive“, ein Unternehmen der „Bochum Wirtschaftsentwicklung“ und somit Tochter der Stadt, das Projekt alleine. Die Vision: ein „Innovationsquartier“, sagt Ralf Meyer, Geschäftsführer der Bochum Perspektive beim Besuch der Wiener Delegation. Wien hat nämlich eine Gemeinsamkeit mit Bochum: Beide Städte haben ein stillgelegtes Opel-Werk.Neos-Wirtschaftssprecher Markus Ornig ist deshalb nach Deutschland gereist, um Ideen für ein mögliches Nachfolgekonzept zu sammeln.
Markus Ornig (re.) und Ralf Meyer auf dem Gelände in Bochum
Geschichte
Noch bevor die Stadt Bochum im Jahr 1960 die Ansiedelung des Opel-Werks bekannt gab, befand sich auf der Fläche eine Zeche, also ein Bergwerk. Letzteres wurde 1958 stillgelegt.
Im Oktober 1962 wurde das Opel-Werk in Bochum eröffnet. 50 Jahre lang wurde es betrieben, bevor es 2014 schloss. Anschließend begann die Bochum Perspektive mit dem Bau des neuen Wirtschaftsparks "Mark 51°7".
Name
Der Name des Wirtschaftsparks lautet heute "Mark 51°7". Das steht sinnbildlich für die Geschichte Bochums, der ehemaligen Markgrafschaft.
Fläche
Die Fläche, auf denen das ehemalige Opel-Werk in Bochum stand, ist 70 Hektar groß. Heute sind zirka 60 Prozent dieser Fläche bebaut, der Rest bleibt Grünland. Zum Vergleich: Das Wiener Opel-Werk erstreckt sich auf einer Fläche von rund 50 Hektar.
Kosten
Die Parzellen, auf denen gebaut werden kann, werden an die Investoren verkauft. Laut Bochum Perspektive hat öffentliche Hand rund 110 Millionen Euro in die Fläche investiert.
Und Inspiration findet man in Bochum genug. „Wir haben uns dagegen entschieden, die Fläche wieder an nur ein einziges Unternehmen zu übergeben“, sagt Meyer von Bochum Perspektive. Davon sei man „geschädigt“. Stattdessen wurde das Gelände auf mehrere Parzellen aufgeteilt und an verschiedene Unternehmen, etwa DHL oder VW Infotainment, vergeben. Weiters habe man zwei Forschungseinrichtungen – das Institut für IT-Sicherheit der Uni Bochum sowie das Max-Planck-Institut – auf das Areal holen können. Erst das Zusammenspiel aus Wirtschaft und Forschung mache den Standort attraktiv, sagt Meyer. „Die Unternehmen siedeln sich hier auch wegen der Unis an. Sie wollen junge Fachkräfte.“
Links das ehemalige Opelwerk, rechts das neue Wirtschaftsquartier 51°7
Die Bilanz bisher: Die 6.000 Arbeitsplätze, mit denen kalkuliert wurde, sind bereits erreicht. Auch die Parzellen seien alle verkauft, wenn auch 35 Prozent davon noch unbebaut sind. „Wir haben im Vertrag eine Frist vereinbart, innerhalb derer die Unternehmen ihre Areale bebauen müssen. Ansonsten gehen die Areale an uns zurück“, sagt Meyer. Bei einem Unternehmen sei das jetzt der Fall. „Wir machen das, um Spekulation mit den Grundstücken zu verhindern.“
Ein Haus als Zeuge
Nur ein einziges Gebäude musste nicht neu gebaut werden: Das ehemalige Verwaltungsgebäude oder „O-Werk“, wie es in Anlehnung an Opel jetzt heißt. Die Denkmalpflege habe sich für dessen Erhalt eingesetzt. Weil es vermarktet werden konnte, blieb es dann tatsächlich erhalten. Ein Stück Opel, das bleibt, also.
Das „O-Werk“ ist das einzige Gebäude, das aus Opel-Zeiten erhalten geblieben ist
Mehr von Opel gibt es derzeit noch in Wien zu sehen. Erst vergangenes Jahr wurde bekannt, dass das Werk endgültig schließt. Noch bis diesen Sommer habe Stellantis, der Konzern hinter Opel, Zeit für die Absiedelung, heißt es von der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG), der das Gelände gehört. Höchste Zeit, um über eine mögliche weitere Nutzung zu sprechen, findet Markus Ornig (Neos).
Im Bochum war das nicht der Fall. Die Unis, die Geothermie-Anlage sowie die Straßenbahnlinie mussten erst auf das Areal gebracht werden. Im Nachhinein betrachtet, würde man einiges anders machen, sagt Ralf Meyer von Bochum Perspektive. Die Mobilität etwa würde man anders denken, mehr auf Öffis setzen. Außerdem würde man kein reines Wirtschaftsareal mehr schaffen, sondern gemischte Quartiere. Also Wohnen und Arbeiten zusammenbringen, mehr Supermärkte und Lokale integrieren. In Bochum gibt es derzeit nämlich nur einen Supermarkt, zwei Kantinen und einige Foodtrucks.
In Bochum musste die Straßenbahn erst auf das Areal verlegt werden. In Wien ist die Öffi-Verbindung mit der U2 bereits vorhanden
Das führe nicht nur dazu, dass die Angestellten viel bei Lieferdiensten bestellen, sondern auch, dass das Gelände nachts leer stehe und zu einem Roadrunner-Treff werde. Bestätigt wird das nicht nur durch die Reifenspuren auf dem Asphalt, sondern auch durch den silbernen BMW, der wie als Beweis auf dem Gehsteig steht. Platz machen die Insassen auch für den Wiener Besuch nicht.
Die öffentlichen Flächen in Bochum, etwa Parks, gehören weiterhin der Stadt. Die Parzellen wurden an Unternehen vergeben
Aber zurück zum Wiener Opel-Werk: „Im Grunde ist hier alles angerichtet“, sagt Ornig. „Man muss es nur umsetzen.“ Könnte er sich etwas wünschen, wäre das ein Biotechnologie- oder Medizin-Campus. Oder ein Standort für ein KI-Rechenzentrum der EU.
Was hier genau passieren soll, ist aber noch unklar. Von der BIG heißt es dazu nur, dass Gespräche mit der Stadt und der Wiener Wirtschaftsagentur geführt werden. Laut Wiener Planungsdirektor Thomas Madreiter werde eine weitere gewerblich-industrielle Nutzung angestrebt. So bleiben, wie es ist, wird das Areal aber nicht: „Aufgrund des baulichen Zustandes scheint eine Weiternutzung nicht möglich zu sein.“
Ähnliche Voraussetzungen wie in Bochum also. Dort werden Investoren übrigens mit einem restaurierten Opel Blitz über das Gelände kutschiert. Ganz kann man sich von dem Image des Autoherstellers eben doch nicht trennen.
Die Reise nach Bochum fand auf Einladung der Neos Wien statt.
Klarheit: Die wichtigsten Begriffe
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