Was Wien der Song Contest wert ist

Für die Adaptierung der Stadthalle nimmt die Stadt 8,9 Millionen Euro in die Hand. In der Halle D werden 13.500 Fans Platz finden.
Die Stadt investiert knapp zwölf Millionen Euro und erhofft sich dafür einen enormen Werbewert.

Christian Oxonitsch gibt Entwarnung: "Eines ist sicher: Ich werde den Song Contest nicht moderieren." Der zuständige SPÖ-Stadtrat gab stattdessen am Donnerstag bekannt, wie viel sich die Stadt Wien das Groß-Event in der Stadthalle kosten lassen wird: 11,71 Millionen Euro wird das Rathaus dem Veranstalter ORF beisteuern, den die Austragung seinerseits bis zu 15 Millionen Euro kosten wird.

Der Löwenanteil für die Stadt entfällt mit 8,89 Mio. € auf die Bereitstellung der Stadthalle mit ihren insgesamt sechs Hallen. Darin enthalten sind laut Oxonitsch die Mietkosten sowie Adaptierungsarbeiten. So werden in der Stadthalle unter anderem ein Pressezentrum für 1500 Journalisten sowie zusätzliche Künstlergarderoben entstehen. Auch der Green Room, in dem die Sänger dem finalen Voting entgegenfiebern, wird im Veranstaltungszentrum untergebracht sein. Die Show selbst wird in der Halle D über die Bühne gehen, sie wird Platz für 13.500 Zuseher bieten.

Sanierungsarbeiten an der 1958 eröffneten Halle seien aber nicht vorgesehen, betont Oxonitsch. Auch der Einbau einer zusätzlichen Klimaanlage werde nach derzeitigem Stand nicht notwendig sein. Im Finale der Verhandlungen musste die Stadt bei der technischen Ausstattung allerdings noch nachbessern: Die Stadthalle bekommt nun eine Notstrom-Versorgung, die sich mit 750.000 Euro zu Buche schlagen wird.

Gala im Rathaus

Die Stadthalle wird aber nicht der einzige Ort sein, der im kommenden Mai für den Song Contest reserviert ist: Die Eröffnungsgala mit rund 1000 Gästen wird am 17. Mai im Festsaal des Rathauses über die Bühne gehen. Dieser Event kostet die Stadt 750.000 Euro.

Ähnlich wie bei der Fußball-EM wird es auch eine Fanzone geben. "Eurovision Village", heißt sie im Song-Contest-Vokabular. Hier werden Teilnehmer im kleineren Rahmen live auftreten. Geht es nach der Stadt, soll das Dorf auf der Kaiserwiese im Prater seinen Platz finden. Sie ist im Besitz der Stadt und würde nichts kosten.

Kräftig im Vorfeld die Werbetrommel rühren wird auch Wien Tourismus. In Städten wie London oder Barcelona wird ab Ende März eine auf den Song Contest zugeschneiderte Kampagne lanciert, die 850.000 Euro kosten wird. Eine weitere Million fließt in das City Branding: Mit Werbeflächen auf den Öffis, Plakaten und Printprodukten wird der Sänger-Wettbewerb in Wien selbst beworben.

Inzwischen werden erste skeptische Stimmen zu der Verteilung der Finanzierung laut. Kritiker sprechen von einem "großen Geschenk des ORF an die Stadt", das letztlich diesem bzw. dem Gebührenzahler teuer zu stehen kommen könnte. So müsse der ORF selbst allfällige Kostenüberschreitungen übernehmen. Der Bewerber Innsbruck hingegen wäre dafür geradegestanden.

Im Büro Oxonitsch will man eine derartige Regelung nicht bestätigen. Das Konzept sei "realistisch kalkuliert". Von einer Überschreitung sei nicht auszugehen, gibt man sich optimistisch.

Optimistisch zeigt man sich auch beim ORF hinsichtlich des Nutzens der Veranstaltung: Der Song Contest werde Wien einen zusätzlichen Werbewert von rund 100 Millionen Euro sowie eine Umwegrentabilität von ca. 20 Millionen Euro bringen.

Profitieren von dem Event, das in mehr als 40 Länder übertragen wird, könnte auch Bürgermeister Michael Häupl, der spätestens im Herbst eine Wahl zu schlagen hat. Das bereitet der ÖVP jetzt schon Sorgen: "Der Song Contest darf nicht zu einer Auftaktveranstaltung für den Wahlkampf verkommen", warnt Generalsekretär Gernot Blümel.

Das waren die drei Kandidaten:

Was Wien der Song Contest wert ist

ARCHIVBILD: WIENER STADTHALLE
Was Wien der Song Contest wert ist

EUROVISION SONG CONTEST 2015: WIENER STADTHALLE
Was Wien der Song Contest wert ist

Wiener Stadthalle
Was Wien der Song Contest wert ist

Graz Stadthalle
Was Wien der Song Contest wert ist

Olympiaworld Innsbruck

29 Punkte umfasste der Anforderungskatalog des ORF an die potenziellen Austragungsorte. "Wir haben bis auf einen alle erfüllt", sagt Michael Bielowski, Geschäftsführer der Innsbrucker Olympiaworld, die im Rennen um den Song Contest das Nachsehen hatte. Er ist überzeugt, dass Innsbruck das kostengünstigste Angebot gelegt hat. "Nach allem, was ich weiß, schätze ich, dass es für den ORF in Wien um 500.000 bis zu einer Million Euro teurer wird."

7-stellige Differenz

Der Hallen-Chef glaubt auch, dass es für die Stadt Wien wesentlich kostspieliger wird als nun prognostiziert (siehe Artikel oben). Das sieht auch Innsbrucks Bürgermeisterin Christine Oppitz-Plörer so. "Ich war entsetzt, als ich das heute präsentierte Paket von Wiens Stadtrat Christian Oxonitsch gesehen habe. Hier fehlen wesentliche Punkte." Bei der Differenz zum Innsbrucker Angebot handle es sich um Leistungen im Wert eines siebenstelligen Euro-Betrages.

So sei etwa das Sicherheitskonzept nicht eingerechnet, für das man in Innsbruck eine Million Euro veranschlagt habe. Allein für die Öffis habe man Kosten von 650.000 Euro kalkuliert, Wien nur 70.000 Euro. Dabei sei die Bundeshauptstadt wesentlich größer. "Da ist die Frage, wer bezahlt das", sagt Oppitz-Plörer.

Zweifel an der Gerechtigkeit der Entscheidung hegt auch die Grazer ÖVP. Sie will, dass der ORF-Stiftungsrat Einblick in die finanziellen Hintergründe der Vergabe nimmt. Man wolle "alle Zahlen auf den Tisch bekommen", hieß es aus dem Büro von Bürgermeister Siegfried Nagl. Er betonte, dass sich "nicht Graz mit der technisch besten Halle oder Innsbruck mit dem wohl besten finanziellen Angebot durchgesetzt hat."

Wurst: "Bisschen angeben müssen wir schon"

Was Wien der Song Contest wert ist
Conchita Wurst (L) representing Austria celebrates after winning the grand final of the 59th Eurovision Song Contest at the B&W Hallerne in Copenhagen May 10, 2014. REUTERS/Tobias Schwarz (DENMARK - Tags: ENTERTAINMENT)
Die Siegerin des heurigen Song Contests, Conchita Wurst, zeigte sich am Mittwoch von der Entscheidung für Wien angetan. "Das wird schön, Freunden die Stadt zu zeigen", erklärte sie sich als Fremdenführerin bereit. Ginge es nach ihr, könnte man das ESC-Village zwischen den Museen aufbauen. "Ein bisschen angeben müssen wir schon mit unserer Architektur", so die Wahlwienerin.

Bei der Fußball-Europameisterschaft 2008 habe es mit dem Fan-Areal zwischen dem Naturhistorischen und dem Kulturhistorischen Museum schon gut funktioniert, betonte Wurst. "Ich würde das toll finden, das war damals ein total nettes Flair. Man ist ja dann in der Mitte der Geschichte unserer Stadt", meinte sie: "Da müssen wir alles zeigen." Die Party werde sich aber ohnehin über die ganze Stadt und das Land erstrecken, zumindest wenn sie nach ihren Erfahrungen in Kopenhagen gehe.

"Die Chance bekommt man nicht so oft, dann sollte man das auch genießen", meinte die Sängerin. Deshalb rate sie auch allen Gastronomen, sich für die Tage besser etwas einfallen zu lassen. Denn es werde "laut und lustig".

Auch wenn sie als Wahlwienerin die Entscheidung natürlich freue, gewusst habe sie davon gar nichts. "Ich war selbst in Wartehaltung", erklärte die Sängerin. Dass Wien nicht von vornherein als Austragungsort feststand, sei völlig in Ordnung gewesen: "Es ist nur fair, dass man nicht diktatorisch entscheidet, sondern abwägt und jede Stadt die Chance hat, sich vorzustellen."

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