Warum man mit zwei Kaffee nun sein Lieblings-Café retten kann

Warum man mit zwei Kaffee nun sein Lieblings-Café retten kann
Kassen und Tische bleiben leer: Den Kaffeehäusern fehlen die Gäste. Eine Kampagne unter anderem mit Josef Hader und Michael Ostrowski soll das ändern.

Kann ein Kaffee den Tag retten? Morgenmuffel würden jetzt jedenfalls zustimmen. Und wenn man Cafetier Berndt Querfeld fragt, dann können zwei Kaffee sogar ein Kaffeehaus retten.

Denn die Corona-Krise hat auch diese Wiener Institution schwer getroffen. Aus Sicherheitsgründen dürfen die Kaffeehäuser derzeit nur 50 bis 60 Prozent ihrer Sitzplätze anbieten. Und selbst die sind oft nicht voll besetzt. "Wir stehen vor der Situation, dass uns einfach die Gäste fehlen", fasst es Wolfgang Binder, Chef des Café Frauenhuber und Fachgruppenobmann in der Wirtschaftskammer Wien, zusammen.

Warum man mit zwei Kaffee nun sein Lieblings-Café retten kann

Zwei Kaffees gegen die Krise: Binder, Alexandra Psichos vom Café Haller und Cafetier Querfeld

Die Auslastung betrage mitunter nur 40 Prozent. Die Fixkosten würden aber weiter laufen, viele Betriebe bereits von den Reserven leben. Mit einem zweiten Kaffee, so die Idee der Cafetiers, soll versucht werden, den Verlust abzumildern.

Unterstützung bekommen sie bei der Kampagne in Zusammenarbeit mit der Agentur kratkys.net von Künstlern wie Adele Neuhauser, Josef Hader, Nikolas Ofczarek, Thomas Maurer oder Michael Ostrowski, die in kurzen Videos die Vorzüge eines zweiten Kaffees erklären. "Ich bestelle mir immer gleich einen zweiten Kaffee", erzählt etwa Hader gewohnt trocken, "so glauben alle, da sitzt noch jemand und ich habe meine Ruhe zum Schreiben." Womit Hader aber nicht rechnet, ist Thomas Maurer:

Nikolas Ofczarek wiederum hält fest, dass er ohne Wiener Kaffeehäuser die gesamte Welt nicht mehr braucht.

Dass die Cafetiers die Kampagne just im Sommer starten, ist kein Zufall. Denn auch den Kaffeehäusern fehlen die Touristen - natürlich vor allem jenen in der Innenstadt. In den Grätzeln außerhalb des Rings sind es vorwiegend Geschäftsleute, die abgehen. Entweder, weil sie vielfach noch im Homeoffice arbeiten oder aber weil Geschäftstermine lieber online als von Angesicht zu Angesicht absolviert werden, wie Binder berichtet.

Dazu komme, dass die Spontanität mit der Corona-Krise verloren gegangen sei. "Die Leute gehen schon in Lokale", sagt Querfeld. "Geplant, da reservieren sie vorher. Aber dass man sich spontan im Kaffeehaus trifft, das gibt es weniger." Die Branche leide jedenfalls massiv.

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Ostrowsky beim philosophieren mit seinem geheimen Zwillingsbruder

Lieber geschlossen

Viele Cafés sperrten daher sogar lieber erst gar nicht auf. Das Café Bräunerhof in der Innenstadt ist etwa geschlossen, genauso wie das Café Westend auf der oberen Mariahilfer Straße, das erst am 1. September seine Pforten wieder öffnen will. Und selbst der umtriebige Berndt Querfeld hat das Café Museum im Mai nach fünf Tagen Betrieb wieder dicht gemacht, weil die Kundschaft ausblieb. Nun soll es am 1. August wieder losgehen.

Die Gastronomen hoffen jedenfalls, dass die Wiener nun fleißig Kaffee trinken und damit das Überleben der Branche sichern. Immerhin sind 51.000 Jobs und 2.200 Kaffeehäuser betroffen. Zudem ist die Kaffeehauskultur immerhin seit 2011 nationales immaterielles UNESCO-Kulturerbe. Und: Ohne Kaffeehäuser wären vielleicht so manche Klassiker der Literatur nicht entstanden.

Doch die Cafetiers wollen nicht nur raunzen. Die Unterstützung durch Regierung sei gut, betont Binder. Er hofft auf die Verlängerung der Kurzarbeit sowie der Mehrwertsteuer-Senkung. Dennoch: "Langfristig sichern uns die Gäste das Überleben."

Warum man mit zwei Kaffee nun sein Lieblings-Café retten kann

Auch Adele Neuhauser trinkt nun zwei Kaffee

Kaffee und Spiele....und Kunst

Das findet auch Querfeld, weswegen er sich im Café Museum nun einiges hat einfallen lassen, um die Gäste ins Haus (oder den Schanigarten) zu bringen. Zwei bemalte Klaviere stehen vor dem Traditionscafé für jeden bereit, der spielen kann und möchte. Zudem hat der Chef persönlich Spiele wie Schach, Mühle oder Tisch-Billard gekauft und im Lokal auf den Tischen platziert. Platz genug gibt es nun zwangsläufig ja.

Auch Kunstwerke werden ausgestellt, das Café zum Ort für Kultur, Musik, Zeit und Literatur, wie es Querfeld beschreibt. "Das wäre früher undenkbar gewesen. Da hat man jeden Platz gebraucht", sagt er.

Er sieht in der Krise auch eine Chance, nämlich den Status Quo zu überdenken und vielleicht neue Konzepte auszuprobieren. "Die Kunden sind durch Corona ein bisschen aus dem Rhythmus gekommen. Nun müsse man sich wieder "eingrooven".

Hoffentlich mit zwei Kaffee.

Übrigens: Wer mehr über die Wiener Traditionskaffeehäuser erfahren will, kann das bei geführten Touren mit waschechten Fremdenführern. So verrät etwa Brigitte Flasch ihre Lieblingslokale und versteckte Juwelen. Infos unter austriaguide.at

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