Warum Gewaltausbrüche für Klicks auf TikTok sorgen
Gruppen von Jugendlichen verabreden sich online zu einem Treffen in der Stadt, um sich dort bei Schlägereien zu filmen. So zuletzt in der Wiener Innenstadt. Als die Polizei ein Treffen in der Kärntnerstraße aufzulösen versuchte, verhielten sich die Teenager äußerst aggressiv. Dabei soll ein 15-Jähriger Beamte beschimpft und mit Faustschlägen und Fußtritten verletzt haben. Und das alles wegen einer „Challenge“ auf der Videoplattform TikTok.
Dabei handelt es sich um „Fight Challenges“ (Kampf-Herausforderungen; Anm.). Dabei pöbeln sich Jugendliche gegenseitig an und filmen die Auseinandersetzungen. Die Gewalt-Videos werden anschließend auf der Plattform TikTok veröffentlicht und mit anderen Nutzern geteilt. Die Clips können mit Liedern, Soundeffekten und Filtern versehen werden.
Polizei Schwerpunkte
Laut Schätzungen benutzen 57 Prozent der Jugendlichen in Österreich die App. Die Wiener Polizei evaluiert diese besagte „TikTok-Szene“ fortlaufend und führt Schwerpunktaktionen in der Innenstadt durch. Im Frühjahr vergangenen Jahres wurden hier immer wieder „Challenges“ gedreht. Derzeit sind die TikTok-Gruppierungen, zumindest in Wien, nicht so präsent wie noch vor einigen Monaten. „Das mag sich vielleicht mit den höheren Temperaturen demnächst wieder ändern, aber das muss man erst mal abwarten. Jetzt darüber zu spekulieren, wäre unseriös“, sagt Polizeisprecher Christopher Verhnjak.
Doch warum drehen Jugendliche Prügel-Videos fürs Internet? „In der aktuellen Situation sind manche Jugendliche unzufrieden mit dem Leben, sind besonders gestresst und stehen unter Strom“, erklärt Barbara Buchegger von der Initiative „Safer Internet“. Gewalt ist eine Art „Ventil“. „Videos mit Schlägereien regen immer auf, provozieren und polarisieren. Damit zieht man Aufmerksamkeit auf sich und ist Teil des Mainstreams“, fügt sie hinzu.
Der Verein der Wiener Jugendzentren sieht dies ähnlich. Die Mitarbeiter beobachten seit längerer Zeit, dass Jugendliche Gewaltinhalte auf Plattformen wie TikTok verbreiten, manchmal auch selbst Teil dieser Auseinandersetzungen werden. „Viele Bereiche sind für Jugendliche eingeschränkt. Seit zwei Jahren wird ihnen vorgeschrieben, was sie alles nicht machen dürfen. Das erzeugt ein Gefühl von Machtlosigkeit und Angst. In einem generellen Klima der Angst nehmen Gewaltphänomene zu“, sagt Christian Holzhacker, pädagogischer Bereichsleiter des Vereins.
Videos werden gelöscht
TikTok selbst distanziert sich davon und entfernt innerhalb von 24 Stunden Inhalte, die gegen die Richtlinien verstoßen. „Darüber hinaus sperren oder entfernen wir Konten, die wiederholt solche Inhalte teilen. Unter bestimmten Umständen melden wir diese auch an die Justizbehörden“, erläutert eine Sprecherin.
Im dritten Quartal des vergangenen Jahres hat die Plattform weltweit 91 Millionen Videos entfernt. Davon wurden rund sieben Prozent aufgrund von gewalttätigen Inhalten gelöscht.
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