Warum Döbling ein Pickerl bekommt

Warum Döbling ein Pickerl bekommt
Teile der ÖVP wollten Thema vor der Wahl los werden, Tiller spricht von Druck der „Parkpickerl-Mafia“

Adi Tiller hätte sich den Ausklang seiner 40-jährigen Amtszeit als Döblinger Bezirksvorsteher wohl ein wenig anders vorgestellt: Gegen seinen Willen bekommt auch der 19. Bezirk ein Parkpickerl – flächendeckend von 9 bis 19 Uhr. Ein entsprechender rot-grüner Antrag wurde am Donnerstag, wie berichtet, in der Bezirksvertretung beschlossen. Tiller hatte hingegen die Monate zuvor für eine Schmalspur-Variante von 14 bis 19 Uhr Stimmung gemacht.

Das Bemerkenswerte am Votum der Döblinger Mandatare: Auch sechs von Tillers ÖVP-Parteikollegen stimmten für das Pickerl und sorgten damit für die nötige Mehrheit.

Laut Tiller sei Folgendes passiert: Bezirksräte aus überparkten Grätzeln seien zuletzt massiv unter Druck gesetzt worden: „Ihnen sind von der Parkpickerl-Mafia persönlich Konsequenzen angedroht worden“, schildert er dem KURIER. So habe man etwa angekündigt, dass Geschäfte der betroffenen Mandatare boykottiert würden, sollten sie gegen das Pickerl eintreten. „Sie mussten dann schweren Herzens dafür stimmen. Der persönliche Frieden geht in so einer Situation voran.“ Um wen es sich bei dieser „Mafia“ handelt, will Tiller nicht verraten.

„Das ist nichts weiter als eine Behübschung im Nachhinein“, sagt ein Bezirkspolitiker, der namentlich nicht genannt werden will. „Vielmehr hatte der designierte Bezirksvorsteher Daniel Resch (er folgt Tiller am 31. Oktober nach, siehe rechts, Anm.) Angst um sein eigenes Hemd: Hätte die ÖVP weiter auf das von der Stadt bereits kritisch beurteilte Nachmittagspickerl gesetzt, wäre das Parken zum Hauptthema im nächsten Bezirkswahlkampf geworden.“

Mit der möglichen Konsequenz, dass die ÖVP den Bezirk an die SPÖ verliert. Ähnliches sei 2015 in Währing passiert, wo die Grünen die ÖVP von Platz eins verdrängten. Bald danach wurde die Parkraumbewirtschaftung eingeführt, weshalb das benachbarte Döbling durch Pickerlflüchtlinge unter Druck geriet. „Jetzt hat aber Resch das Thema von Tisch“, sagt der Mandatar, der von einer äußerst hitzigen Debatte im ÖVP-Klub im Vorfeld der Sitzung am Donnerstag berichtet.

Das Pickerl soll nun bis zum Sommer 2019 eingeführt werden, heißt es im Büro von Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne). Details müssen noch geklärt werden: Tiller wünscht sich Ausnahmeregelungen für einzelne Bereiche. Etwa für das Krapfenwaldlbad, dessen Gästen eine Kurzparkzone nicht zuzumuten wäre. Weiters für die Höhenstraße, den Cobenzl und den Parkplatz auf dem Kahlenberg. Zudem sollen mit dem angrenzenden Währing Überlappungszonen erarbeitet werden.

Der nächste Dominostein wäre eigentlich Döblings Nachbarbezirk Floridsdorf, wohin künftig die Autofahrer ausweichen könnten. Der dortige Bezirksvorsteher Georg Papai (SPÖ) bleibt aber gelassen und sieht keinen Handlungsbedarf: „Die Einführung des Pickerls in Döbling wird nur minimale Auswirkungen auf unseren Bezirk haben“, ist er überzeugt. Er sei mit der Bevölkerung im ständigen Dialog, die Mehrheit sei gegen ein Parkpickerl. Somit wird Floridsdorf weiterhin ohne Parkraumbewirtschaftung bleiben – bis auf die bestehenden temporären Kurzparkzonen wie etwa beim Franz-Jonas-Platz.

Warum Döbling ein Pickerl bekommt

Streitfall Hietzing

Vizebürgermeisterin Vassilakou, die die Entscheidung in Döbling begrüßt, hat aber ohnehin einen anderen Bezirk im Fokus: Jetzt sei ein sinnvoller Zeitpunkt, auch in Hietzing die Parkraumbewirtschaftung zu beschließen. „Es würde große Synergieeffekte bringen und Kosten senken, wenn wir gleichzeitig mit Döbling auch für dort das Parkpickerl angehen könnten.“ Auch die Bewohner des 13. Bezirks hätten ein Recht auf freie Parkplätze. Es sei in der Hand von Bezirksvorsteherin Silke Kobald (ÖVP), die notwendigen Entscheidungen einzuleiten.

Die denkt nicht daran: „Vassilakou sollte keine gescheiten Tipps geben, sondern sich um ein vernünftiges Gesamtkonzept für ganz Wien kümmern – mit einem einheitlichen und nachvollziehbaren Modell.“

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