Waffenverbot am Reumannplatz: "Trau mich abends nicht allein ins Theater"
Eine Familie mit zwei Kindern sitzt bei strahlendem Sonnenschein vor dem bekannten Eisgeschäft Tichy am Reumannplatz, in der Hand jeweils ein Stanitzel mit zwei Kugeln Eis. Nichts deutet darauf hin, dass es vor einer Woche genau an dieser Stelle einen Mordversuch an einem 21-Jährigen gab.
Nur eine von mehreren Messerstechereien rund um den Reumannplatz, die wegen der vielen teils schwer verletzten Opfer in den vergangenen Wochen Schlagzeilen machten.
Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) gab deshalb bekannt, dass in den kommenden Tagen eine seit Längerem geforderte Waffenverbotszone am Reumannplatz inklusive der Umgebung eingerichtet wird. Die Polizei darf in den Zonen Personen durchsuchen. Wird jemand erwischt, muss er die Waffen abgeben.
Verwaltungsstrafe
Außerdem muss er mit einer Verwaltungsstrafe rechnen. Wer Waffen oder ähnliche Gegenstände, wie etwa Messer, in Ausübung seines Berufs oder aufgrund einer Bewilligung trägt, ist von dem Verbot ausgenommen. Karner bezeichnete die Maßnahme als „ersten Schritt“ von mehreren im Kampf gegen die Jugendkriminalität.
Markus Schmid, Passant: „Ich bin für ein generelles Waffenverbot, nicht nur in Favoriten.“
Franziska, Anrainerin: „Ich trau’ mich in Favoriten am Abend nicht mehr allein ins Theater. Das war früher anders."
Susmita Baral, Rotkreuz-Mitarbeiterin: „Meine Kollegin wurde hier von zwei Männern mit Messern bedroht. Mir persönlich ist noch nichts passiert."
Harald Rengo, ehem. Anrainer: „Ich finde es gut, aber es braucht halt genug Polizisten, die das kontrollieren."
Zweifel an Umsetzung
Beim Lokalaugenschein zeichnet sich rasch ab, dass die Favoritner die Entscheidung durchaus begrüßen, es aber Zweifel an der Umsetzung der Maßnahme gibt. „Man kann das mit der Waffenverbotszone schon machen, aber man muss das auch überwachen können. Und momentan gibt es, glaub’ ich zu wenig Polizisten, um diese Maßnahme wirklich sinnvoll umzusetzen“, sagt ein älterer Mann auf einer Parkbank, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will.
Prinzipiell gegen Waffen ist die 88-jährige Franziska, die seit mehr als 50 Jahren in Wien wohnt. „Ich bin für die Waffenverbotszone. Wir brauchen alle keine Waffen, wir können über unsere Probleme reden“, sagt die Wahlwienerin. Dass Maßnahmen speziell für den Reumannplatz ergriffen werden, befürwortet die Seniorin. „Ich bin wirklich nicht ängstlich, aber ich trau’ mich jetzt am Abend nicht mehr allein ins Theater. Das war früher anders“, erzählt Franziska.
Laut Polizeistatistik ist Favoriten nicht gefährlicher als andere Bezirke. Das ändert aber nichts an subjektiven Erfahrungen. Die 29-jährige Susmita Baral etwa arbeitet beim Roten Kreuz. „Mir selbst ist hier in der Gegend noch nichts passiert, aber eine Kollegin ist vor etwa zwei Monaten von zwei Männern mit einem Messer bedroht worden. Also ja, ein Waffenverbot ist sicher gut“, betont Baral.
Einer, der zwar nicht in Favoriten wohnt, aber oft am Reumannplatz sitzt, ist Markus Schmid. Er sieht den Reumannplatz auf andere Art: „Ich würd’ ein grundsätzliches Waffenverbot gut finden, aber nicht nur speziell am Reumannplatz. Ich fühle mich hier sicher, ich mag das Bunte und Vielfältige“, sagt Schmid. Der Reumannplatz sei nicht schlimmer als manche Gegenden in Floridsdorf oder rund um den Hauptbahnhof.
Vorbild: Praterstern
Bisher gibt es in Wien nur eine Waffenverbotszone am Praterstern und in der näheren Umgebung. Am Donaukanal galt ein solches Waffenverbot von Februar 2019 bis Februar 2021 an Teilen des Franz-Josefs-Kais. Erforderlich ist immer eine entsprechende Verordnung der Wiener Landespolizeidirektion.
Diese wurde für den Donaukanal damals nicht mehr verlängert. In der Debatte um Waffenverbotszonen nannte Innenminister Gerhard Karner den Praterstern als Vorzeigebeispiel. Dort seien anfangs auch alle skeptisch gewesen. Nun wisse man aber, dass es sehr gut funktioniere und auch seine Wirkung zeigt.
369 Waffen abgenommen
„Man hat das Problem dort in den Griff bekommen“, so der Innenminister. Von Februar 2019 – der Verhängung der Waffenverbotszone – bis November 2023 wurden am Praterstern 369 Waffen sichergestellt, davon waren 306 Messer. Inwiefern speziell die Waffenverbotszone die Situation rund um den Praterstern verbessert hat, lässt sich wohl schwer eruieren.
„Die Polizeiinspektion ist damals modernisiert worden, die Bänke, wo die Obdachlosen drauf geschlafen haben, sind weg. Ich würde sagen, die Gesamtsituation ist jetzt besser“, sagt Eleonore, eine ältere Frau, die am Praterstern auf ihren Bus wartet. Sicher fühlt sich die Seniorin aber nach wie vor nicht.
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