Vor der Karlskirche wird gefeiert, den Pfarrer stört das nicht
Der Herr Pfarrer hat nichts gegen Partys. Er hat die Stiegen zur Karlskirche ja nicht umsonst freigegeben.
Auf dem Karlsplatz hat sich zuletzt eine Szene entwickelt. Auf den Stiegen hinauf zur Kirche und davor – also zwischen der Kirche und dem Teich – trifft man sich zum Zusammensitzen bei Dosenbier und billigem Rosé-Frizzante.
Das war auch schon in den vergangenen Jahren so, seit Corona ist aber deutlich mehr los. Und es geht auch nicht nur noch ums Zusammensitzen bei Dosenbier.
Weil Bars und Clubs noch geschlossen sind, kommen vor allem junge Menschen zum Karlsplatz. Sie treffen einander, trinken und tanzen miteinander.
Manche sind besonders gut ausgerüstet und schleppen Boxen zum Musikhören mit. Nicht zu kleine übrigens, mitunter werden sie auf Sackrodeln vor die Kirche transportiert.
Auch die Polizei ist oft auf dem Karlsplatz anzutreffen. Sie fährt dort Streife. Zwar nicht mehr, als anderswo, aber es kommt durchaus vor, dass Beamte mehrmals an einem Abend vor der Kirche vorfahren.
Meist geht es um die Musik (zu laut). Und meist ist es mit einer Ermahnung getan.
Szene vor der Kirche
Vergangene Woche nicht. Da zückten Polizisten sogar ihre Waffen, nachdem sich ein laut Polizei renitenter Mann uneinsichtig gezeigt und dann einen Polizisten angegriffen haben soll.
Fürchten muss man sich deshalb vor dem Karlsplatz aber nicht (wieder).
Denn die Szene, die sich dort entwickelt hat, hat nichts mit der Drogenszene Ende der 1990er-Jahre zu tun. In den vergangenen Jahren ist der Karlsplatz zum zentralen Aufenthaltsort junger Menschen im öffentlichen Raum geworden.
Corona hat das noch verstärkt. Weil die Jungen nirgends feiern können, treffen sie einander draußen. Das ist am Donaukanal so und das ist am Karlsplatz nicht anders. Und Pater Fiala stört das nicht. Im Gegenteil.
Während sein Vorgänger noch Schlagzeilen mit einer an der Kirche angebrachten Obdachlosensperre machte (die er auch nach öffentlicher Kritik nicht abnehmen wollte), öffnet der aktuelle Pfarrer seine Kirche – und zwar dezidiert. (Er hat auch die Obdachlosensperre entfernt.)
"Wir wollen, dass die Stiege offen ist und die Leute dort sitzen", sagt Fiala. "Deshalb haben wir die Stiege ja geöffnet." Denn im Gegensatz zum Karlsplatz ist die Kirchenstiege kein öffentlicher Ort, sondern in privater Hand.
Der Verein der Freunde der Karlskirche finanziert etwaige Renovierungen der Stiege. Und wenn der Pfarrer und der Verein es wollten, könnten sie die Stiege jederzeit sperren. Aber das wollen sie nicht.
Voodoo in der Kirche
Stattdessen öffnet der Pfarrer seine Kirche jetzt sogar für das Popfest. Das findet seit 2010 jeweils Ende Juli direkt vor der Kirche als großes Open-Air-Festival statt.
Weil das coronabedingt heuer so nicht klappt, treten zumindest zwei Künstler in der Kirche auf. Liedermacher Voodoo Jürgens ("Heite grob ma Tote aus") spielt am 25. Juli in der Kirche ein Konzert, Sängerin Soap&Skin folgt am 26. Juli.
Dass das den Boulevard zur Schlagzeile "Voodoo in der Kirche" veranlasste, zog sogar Beschwerden bei der Erzdiözese nach sich.
Pater Fiala kostet das einen Lacher. Konzerte in der Kirche, noch dazu von einem, der sich Voodoo nennt, geht sich das aus? "Mein Gott", sagt Pater Fiala. "Der Mozart war auch irgendwann einmal modern." Die Kirche habe immer zeitgenössische Musik unterstützt – und so ein bisschen Kritik halte er schon aus.
Problematisch sei zuletzt nur die Müllsituation nach den Partynächten gewesen. "Verheerend" habe der Platz ausgesehen, wenn der Pater am Sonntag zur Messe ging.
Die Stadt hat die Anzahl der Mistkübel mittlerweile fast verdoppelt. Auch Glas- und Dosencontainer gibt es jetzt mehr. Sollte auch das nicht ausreichen, wird wieder aufgestockt, heißt es aus dem Büro der zuständigen Stadträtin Ulli Sima (SPÖ).
Nächste Woche wird auch ein WC-Wagen aufgestellt.
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