Von Polizei gesucht: Nach Sprayer "Puber" ist "King" unterwegs
Etwa 500 Schriftzüge, sogenannte Tags, soll der unbekannte Sprayer "King" in allen Bezirken Wiens schon hinterlassen haben, schätzt Norbert Siegl, Obmann des Vereins "Instituts für Graffiti-Forschung". Auch der Polizei sind die Schriftzüge bekannt. "Wir ermitteln gegen mehrere Personen", teilt die Polizei nach einem ORF-Bericht mit, es seien mehrere Anzeigen eingegangen.
Erinnerung an "Puber"
In vielen Ecken Wiens, an Hauseingängen, Fassaden, Mauern und Öffis sind die Schriftzüge zu finden. Die weite Verbreitung erinnert an "Puber". Dieser Sprayer wurde im März 2014 festgenommen und im Juli darauf vor Gericht gestellt. Auch sein "Logo" war praktisch in ganz Wien zu lesen. Ihm wurden aber nicht alle "Puber"-Schriftzüge angelastet, da Trittbrettfahrer nicht ausgeschlossen werden konnten. Der Schaden für Hausbewohner, Eigentümer und Hausverwaltungen ging damals in die Millionen.
Im April 2016 kam der Schweizer schließlich in Untersuchungshaft, aber weil er wegen des versuchten Diebstahls eines Fahrrads verdächtigt wurde. Der Sprayer wurde im Mai 2016 vor Gericht wegen schwerer Körperverletzung, Widerstands gegen die Staatsgewalt und illegalen Waffenbesitzes verurteilt. Seither gab es keine Zeichen mehr von ihm.
"King" sorgt mittlerweise in Sprayer-Kreisen für Gesprächsstoff: Im Blog "kingismus" werden Fotos der Schriftzüge mit Erklärungen veröffentlicht. Auf Reddit meldete sich vor einem Jahr schon ein User, der behauptet, der "King" zu sein und schon seit 2012 sprühen würde.
Grundsätzlich sei es schwierig, gegen Graffiti-Sprüher vorzugehen, sagt Irina Steirer von der Wiener Polizei. Oft erwische man die Täter auf frischer Tat. "Dann gestehen die Verdächtigen aber nur dieses eine Graffiti", erklärt die Polizeisprecherin.
Schwere Beweisführung
Weil sie meist dunkle Kleidung tragen und oft auch Masken, sei es schwierig, ihnen sie zu identifizieren. Auch bei Gericht würden dann oft die eindeutigen Beweise fehlen.
Das Sprühen falle unter Sachbeschädigung und laufe vor Gericht oft auf Diversion (Sozialstunden oder Schadenswiedergutmachung, Anm.) hinaus. Manche Verfahren werden wegen der geringen Schadenssumme auch fallen gelassen.
Norber Siegl vom "Institut für Graffiti-Forschung" beobachtet die Graffiti-Szene seit den 1970er Jahren. Er bietet auch Workshops und Führungen zum Thema an. "King" falle ihm schon seit 2015 auf. Seine Schriftzüge würden die ganze grafische Entwicklung der Sprayer-Szene von 3D-Tags bis zum linearen Text - wie Tags - abdecken.
New York
Das so genannte Taggen sei in den 70er Jahren in New York als Reaktion auf die öffentliche Verbreitung der großen Logos von Sony, Coca Cola und anderen Marken entstanden. Menschen hinterließen hier mit Spraydosen oder Lackstiften ihre Zeichen auf Flächen.
"Es geht darum, die eigene Identität, das eigene Logo in der ganzen Stadt zu verbreiten und um den mutigen Akt, den eigenen Schriftzug der ganzen Welt aufzuzwingen", erklärt Siegl. Die Sachbeschädigung stehe seiner Meinung nicht an erster Stelle sondern dafür, den öffentlichen Raum für sich zu beanspruchen.
In den 90er Jahren sei die Szene schließlich nach Europa gekommen. Seither gab es in Wien einige berühmte Tags, etwa "Luxus" oder die "Ulfs" und eben "Puber".
Die Szene umfasse in Österreich einige Tausend Jugendliche, die damit sympathisieren oder selbst sprühen, sagt Siegl. Die größten, derzeit aktiven Tagger sind: "Das fade Auge", "Kiwi", "Haze" oder der "13er". Es kommen aber jedes Jahr neue hinzu.
Viele Formen der Streetart werden heute sehr professionell betrieben, werden in Museen ausgestellt und teuer versteigert. Den Taggern gehe es laut Siegl auch darum, die ursprüngliche Form wiederzubeleben.
Die Stadt Wien sei tolerant und stelle Flächen für Graffitis zur Verfügung. Das Taggen, das ein fixer Bestandteil der Jugendkultur sei, werde dadurch aber nicht abgedeckt. "Ich versuche Verständinis für diese Kulturform aufzubringen, sie zu entmystifizieren und zu nomalisieren", sagt Siegl.
Wie groß der Sachschaden durch illegale Graffitis pro Jahr sei, kann die Polizei nicht genau beziffern. Bei den Wiener Linien zumindest ging man im Jahr 2018 von rund zwei Millionen Euro aus.
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