Verfassungsrechtler sieht gute Chancen für Shisha-Bars

500 Shisha-Bar-Betreiber stehen vor der Schließung.
Jurist Heinz Mayer sieht im Gesetz einen Eingriff in die Erwerbsfreiheit. Jetzt ist der Verfassungsgerichtshof am Zug.

Um die Schließung von bundesweit rund 500 Shisha-Lokalen mit 1. November zu verhindern, bringen die betroffenen Unternehmer - wie berichtet - noch im Oktober eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) ein. Davon erhofft man sich, dass Lokale, in die die Gäste gehen, um dort Wasserpfeifen zu rauchen, vom Tabak- bzw. vom Nichtraucherschutzgesetz ausgenommen werden. So wie es auch in sämtlichen anderen EU-Ländern der Fall ist. Zigaretten wären in Shisha-Bars ohnehin künftig verboten, betont Branchen-Sprecher Jakob Baran.

Dass die Shisha-Bars vom Nichtraucherschutzgesetz betroffen sind, widerspreche einem zentralen Punkt unserer Rechtsordnung, erklärt der zuständige Anwalt, Gabriel Lansky. "Und zwar dem Vertrauensschutz. Wenn jemand ein Unternehmen gründet, viel investiert und langfristige Verträge abschließt, muss er darauf vertrauen können, dass die Branche nicht auf einmal durch eine Gesetzesänderung für illegal erklärt wird. Noch dazu mit einer dreimonatigen Übergangsfrist."

Lansky wird vermutlich wieder Aussage verweigern

Anwalt Gabriel Lansky

Zurzeit sei die Stimmung in der Branche frustrierend, berichtet Baran. "In einem Monat stehen Hunderte Unternehmer vor dem Ruin und Tausende Mitarbeiter vor der Arbeitslosigkeit." Laut Wirtschaftskammer sind rund 500 Betriebe und 6000 bis 7000 Personen im Personal von der von SPÖ, ÖVP, Liste Jetzt und Neos im Sommer im Nationalrat beschlossenen Änderung des Tabakgesetzes betroffen.

Verfassungsrechtler sieht gute Chancen für Shisha-Bars

Baran (2. v. re.) und die anderen Betreiber werden von WK-Gastro-Obmann Peter Dobcak (re.) unterstützt.

Das kritisiert auch Peter Dobcak, Gastro-Obmann in der Wiener Wirtschaftskammer. Die Politik nehme im konkreten Fall Tausende Arbeitslose als Kollateralschaden in Kauf, meint er. Das sei "wirtschaftlicher Massenmord".

Dass die Betreiber ihre Shisha-Bars ja auf herkömmliche Lokale umbauen könnten, sei kein Argument, betont Dobcak. Schließlich sei der Wunsch eine Wasserpfeife zu rauchen das Hauptmotiv, wieso die Gäste überhaupt kämen.

"Eingriff in Erwerbsfreiheit"

Um ihrem Schicksal vielleicht doch noch entgehen zu können, wenden sich die Shisha-Bar-Betreiber nun also ans Höchstgericht. Erarbeitet wird der dafür erforderliche Individualantrag vom Verfassungsrechtsexperten Heinz Mayer. Und der spricht von guten Erfolgsaussichten.

Seiner Rechtsmeinung nach handelt es sich im konkreten Fall nämlich um einen Eingriff in Erwerbsfreiheit und Gleichheitsgrundsatz. "Im Fall der Shisha-Bars würde ein gesamter Geschäftszweig, der bis dato regulär ausgeübt wurde, auf einen Schlag zerstört. So etwas gab es noch nie. Daran ist kein  schwerwiegendes öffentliches Interesse erkennbar - denn das Argument vom Nichtraucherschutz greift hier nicht. In so eine Bar geht man ja gezielt zum Rauchen, Nichtraucher gehen da nicht hinein. Shisha-Bars mit herkömmlichen Gastronomiebetrieben zu vergleichen, ist unzulässig."

Das Personal, das auch in anderen Gastronomiebetrieben anheuern könne, würde sich zudem bewusst für eine Stelle in einer Shisha-Bar entscheiden, pocht Lansky auf "ein Mindestmaß an Eigenverantwortung bei den Mitarbeitern".

Verfassungsrechtler sieht gute Chancen für Shisha-Bars

Verfassungsexperte Heinz Mayer.

Für die Gesundheit völlig unbedenklich sei die Anwesenheit in Shisha-Bars jedenfalls nicht, betont Umweltmediziner Hans-Peter Hutter von der Universität Wien. So sei die Luft in Räumen, in denen Wasserpfeife geraucht werde, ähnlich verunreinigt wie in Raucherräumen. "Lungengängiger Feinstaub PM2,5 ist in Shisha-Bars in einem ähnlichen Verhältnis vorhanden wie in Raucherlokalen." Zudem finde man eine hohe Kohlenmonoxid-Konzentration.

Erste Beschwerde war wirkungslos

Es gebe nun noch ein paar "prozessuale Hürden", erklärt Mayer. Zum einen lehnte der VfGH eine entsprechende Beschwerde vor zwei Jahren bereits einmal ab. Zum anderen wird der Individulantrag bereits im Oktober eingebracht - bevor überhaupt noch ein Grund zur Beschwerde vorliegt. Das Gesetz gilt ja erst ab 1. November. Es sei aber "die Pflicht des Gesetzgebers, einen Zustand, der der Verfassung offensichtlich widerspricht, zu beheben", sagt Lansky im TV-Interview mit dem KURIER. Auf die Beschwerde reagieren könnte das Höchstgericht frühestens im Dezember.

KURIER-Talk mit Gabriel Lansky und Heinz Mayer

Ob die Shisha-Bars ihre Türen am 1. November wirklich alle schließen, wird sich zeigen. Unter Umständen könne man sich vorübergehend über eine Vereinskonstruktion über Wasser halten, erklärt Lansky. Das sei aber eine unbefriedigende Lösung.

 

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