Unwetter-Sondergemeinderat in Wien: Kritik an "Flächenfraß"

Unwetter-Sondergemeinderat in Wien: Kritik an "Flächenfraß"
Die Grünen forderten bei der Sondersitzung mehr Renaturierungsmaßnahmen, Infrastruktur-Checks und den Verzicht auf die Lobauautobahn.

Im Wiener Rathaus ist am Freitag bei dem von den Grünen beantragten Klima-Sondergemeinderat über die Unwetterereignisse der vergangenen Tage diskutiert worden.

"Nach der Hitze kam die Flut" lautete der Titel der Sitzung. Die Antragsteller forderten dabei einmal mehr einen Verzicht auf die Lobauautobahn bzw. Nordostumfahrung. Gewarnt wurde vor zunehmendem "Flächenfraß". Die Vertreter von Rot-Pink verwiesen hingegen auf bereits gesetzte Maßnahmen in Sachen Klimaschutz.

Grünen-Chef Peter Kraus dankte in seinem Redebeitrag zunächst den Einsatzkräften. Es habe ein "unglaubliches Ausmaß" an Zusammenhalt und Hilfe gegeben. In Wien habe alles sehr gut funktioniert. "Ich bin auch froh, dass wir hier in Wien Einrichtungen wie die Donauinsel haben." Renaturierungsmaßnahmen lobte er ebenfalls - genauso wie die Unterstützung durch die Bundesregierung und die EU.

"Wir brauchen eine Trendwende"

Er warnte aber zugleich davor, die Klimakrise zu leugnen. Das Mittelmeer sei aufgeheizt wie nie zuvor. Das führe zu solchen extremen Wetterereignissen, führte Kraus aus. Problematisch sei vor allem der "Bodenfraß". Je mehr Grünflächen versiegelt würden, desto mehr Wasser gebe es an der Oberfläche. Ein Treiber sei dabei der Verkehrsbereich. 

Er forderte die Stadtregierung auf, ebenfalls auf die Lobauautobahn - die vom Bund gestoppt wurde - zu verzichten. Durch das S1-Projekt würden 385 Hektar Fläche versiegelt. "Wir brauchen eine Trendwende", forderte Kraus.

Kritik an grünen Verkehrsstadträtinnen

FPÖ-Klimasprecher Udo Guggenbichler zeigte sich ebenfalls zufrieden mit der Bewältigung des Hochwassers. "Hier hat man gesehen, dass diese Stadt funktioniert." 

Die Grünen erinnerte er jedoch daran, dass etwa die Stadtstraße, also die Verbindung zwischen S1 und Tangente, unter grünen Verkehrsstadträtinnen geplant und finanziert worden sei. Es seien die Grünen, die den Flächenfraß in Umsetzung gebracht hätten. "Noch nie wurde Wien so zubetoniert wie zwischen 2010 und 2020", verwies er auf die Zeit der grünen Regierungsbeteiligung in Wien.

NEOS-Gemeinderat Stefan Gara staunte: Wien habe ein 1.000-jähriges Hochwasser erlebt und einen Tag danach habe Wien funktioniert. "Das ist wirklich unglaublich." 

Die Infrastruktur in Wien funktioniere, befand der NEOS-Politiker. In der Stadt, so versicherte er, sei im Bereich Klimaschutzanpassung noch nie so viel weitergegangen wie heute. Wien setze auf Dekarbonisierung und Klimaneutralität. Gleichzeitig müsse es Planungssicherheit für Menschen und Wirtschaft geben. Gara sprach sich zudem für einen Ausbau der Rückhaltebecken in Wien und Niederösterreich aus.

Hoher Versiegelungsgrad

Für die ÖVP dankte Josef Mantl den Helfern der vergangenen Tage. Er bekrittelte jedoch den seiner Ansicht nach hohen Versiegelungsgrad in der Stadt. Potenziale der Nachverdichtung von erschlossenen Gebieten müssten intensiver genutzt werden. 

Dass der Lobautunnel von den Grünen schlechtgeredet werde, sei aber unverständlich, hielt er fest. "Das ist eines der bestgeprüftesten Projekte überhaupt." Ohne Lobautunnel werde sich der Schwerverkehr weiter durch die Stadt wälzen, warnte Mantl, der "Klimaschutz mit Hausverstand" propagierte.

"Wir tun etwas"

Mit SPÖ-Mandatar Stephan Auer-Stüger wies ein weiterer Vertreter der Regierungsfraktionen darauf hin, dass Wien in Sachen Klimaschutz höchst aktiv sei. "Wir tun etwas", beteuerte er. 1.000 Parks oder auch 1.500 Trinkbrunnen würden etwa an Hitzetagen zur Verfügung stehen. Seit Jahren bringe man auch Renaturierung auf Schiene - zum Beispiel am Liesingbach. Man setze langfristig auf eine Entsiegelungs- und Begrünungsoffensive. Auch das kürzlich präsentierte Klimagesetz wurde hervorgestrichen.

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