Umfrage zu Koalitionspräferenzen: SPÖ-Wähler bevorzugen Rot-Pink
Vor wenigen Monaten war sie für viele noch undenkbar, mittlerweile erfreut sie sich großer Beliebtheit: eine Koalition aus SPÖ und Neos im Wiener Rathaus.
Vor allem SPÖ-Wähler finden großen Gefallen an der neuartigen Farbkombination. Zu diesem Ergebnis kommt nun eine österreichweite OGM-Umfrage im Auftrag des KURIER.
Bundesweit sprechen sich bereits 43 Prozent der deklarierten SPÖ-Wähler (Personen, die bei der Nationalratswahl 2019 der SPÖ ihre Stimme gegeben haben, Anm.) für Rot-Pink im Wiener Rathaus aus.
Damit ist die Zustimmung zu dieser Variante höher als zur bestehenden rot-grünen Koalition: Österreichweit sprechen sich 40 Prozent der SPÖ-Wähler für eine Fortsetzung von Rot-Grün aus.
Eine rot-türkise Koalition (die beide Seiten bereits ausgeschlossen haben) fände nur bei sieben Prozent der befragten SPÖ-Anhänger Anklang.
Aus dem Schatten von Häupl
Heute, Dienstag, will der Wiener SPÖ-Chef und Bürgermeister Michael Ludwig gemeinsam mit den Parteigremien entscheiden, mit welcher Partei – Neos oder Grünen – er weiterverhandeln möchte.
Die Verkündung wird mit Spannung erwartet.
Innerhalb Wiens zeigt sich ein leicht anderes Bild: Hier hat laut OGM-Umfrage die rot-grüne Koalition leicht die Nase vorne. 33 Prozent der Befragten sprechen sich für eine Zusammenarbeit mit der Partei von Birgit Hebein aus; 31 Prozent favorisieren einen Wechsel zu den Neos unter Christoph Wiederkehr.
Die Wiener geben sich zugleich auch etwas „großkoalitionärer“ als die SPÖ-Wähler insgesamt: 16 Prozent wären für Rot-Türkis.
Für den Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer spricht nun einiges dafür, dass Ludwig die pinke Option wählt: „Es gibt einige ganz starke Argumente für einen Wechsel von Grün zu Neos.“
Vielleicht einer der wichtigsten: Ludwig würde mit der neuartigen Koalition „aus dem Schatten von Michael Häupl treten“, sagt Bachmayer.
Ludwig und das Ego
Dass Häupl, vor zehn Jahren der Erfinder von Rot-Grün, seinem Nachfolger Ludwig bereits ausgerichtet hat, dass er für eine Fortführung der Koalition sei, spreche nicht gegen einen Wechsel zu Pink, so Bachmayer. „Im Gegenteil. Es spricht vielleicht sogar dafür.“
Man dürfe „nie das Ego eines Politikers vergessen“. Bisher sei Ludwig stets sehr zurückhaltend gewesen, so Bachmayer. „Mit einem neuen, innovativen Modell könnte er jetzt aber seine eigene politische Geschichte schreiben und seinen Einfluss noch weiter vergrößern.“
Inhaltliche Abgrenzung
Mit großen Gegenwind habe Ludwig parteiintern nicht zu rechnen, glaubt Bachmayer mit Blick auf die Umfragedaten. „Höchstens der linke Flügel der Wiener SPÖ, der vor allem in den Innenbezirken zu verorten ist, könnte aufbegehren.“
Ein Problem, das Ludwig wohl in den Griff bekommen würde: „Er muss im Koalitionspakt nur für ausreichend inhaltliche Abgrenzung zu den Neos sorgen“, so Bachmayer.
Das „Feindbild Wien“
Österreichweit abgefragt haben die Meinungsforscher von OGM auch das „Feindbild Wien“. Anlass: Vor allem die Bundes-ÖVP griff die Wiener Stadtregierung (rund um die Corona-Lage in der Stadt) zuletzt teils heftig an – die Wiener SPÖ wertete das als „Wien-Bashing“.
Österreichweit meint jeder Fünfte (21 Prozent), dass Kritik an der Bundeshauptstadt Wien „im eigenen Bundesland Wahlerfolge bringt“. 55 Prozent halten nichts vom „Wien Bashing“.
In Wien selbst sind die Zahlen freilich anders: Hier halten nur 15 Prozent der Befragten Kritik an Wien für eine gute Wahlkampfstrategie.
Wien Kritik bringt Punkte
Interessantes Detail: Mit steigender geografischer Entfernung zu Wien nimmt auch die Meinung zu, dass Politiker mit Kritik an der Bundeshauptstadt im eigenen Land punkten können. Knapp am höchsten ist der Wert – vielleicht weniger überraschend – in Tirol.
„Mit dem Anti-Hauptstadt-Reflex lassen sich durchaus Wählergruppen mobilisieren“, sagt Bachmayer. „Wichtig ist, dass die Kritik wohldosiert und mit feiner Klinge vorgetragen wird.“
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