Wirbel um die neuen U5-Stationsgebäude: Die Spitze des Eisbergs

In Michelbeuern wird neben dem Aufnahmegebäude auch der Steg über den Gürtel erneuert
Seit die Visualisierungen bekannt sind, beschäftigt manche Bezirke eine Frage: Wie groß muss so eine Station sein?

In ungefähr zehn Jahren soll es so weit sein. Dann wird Wiens aktuell größtes Verkehrsprojekt und – laut Stadt – wichtigste Klimaschutzmaßnahme fertiggestellt sein: das Linienkreuz U2/U5 (siehe Infobox unten).

Zumindest bei Klimaschützerinnen und Klimaschützern sollte der U-Bahn-Ausbau also eigentlich für uneingeschränkte Freude sorgen – und doch regt sich Widerstand. Nicht gegen das Projekt an sich, wohlgemerkt. Wohl aber gegen seine sichtbarsten Auswirkungen: die sogenannten Aufnahmegebäude.

Größe ist alles

Seit im April die Renderings für die neuen U5-Stationen veröffentlicht wurden, zieht ein gewisses Murren durch so manchen Bezirk. Denn während die künftige U5/U6-Station Michelbeuern/AKH in Währing so voluminös wirkt, dass auf den ersten Blick ein Kirchturm darunter passen würde (siehe großes Bild oben), kommt jene am Elterleinplatz in Hernals so dezent daher, dass man sie glatt übersehen könnte. Am Alsergrund wähnt man wegen der Größe des Stationsgebäudes nun gar den Arne-Karlsson-Park in Gefahr.

Vize-Bezirksvorsteherin Josefa Molitor-Ruckenbauer (Grüne) fürchtet, dass 36 Bäume dem Tod geweiht und 28 weitere gefährdet sind. „Das ist nicht nichts. Das ist ein Schaden, den man mindestens für die nächsten drei Generationen nicht mehr gutmachen kann“, sagt sie.

Neuplanung gefordert

Auch, weil die betroffenen Bäume allesamt 50 Jahre und älter seien. Sie fordert daher eine Neuplanung und mehrere kleine statt einem zentralen Auf- und Abgang, wie es etwa am Elterleinplatz umgesetzt wird.

Wirbel um die neuen U5-Stationsgebäude: Die Spitze des Eisbergs

Am Elterleinplatz werden Stiegen, Rolltreppen und Lifte auf mehrere Ein- und Ausgänge verteilt

Seitens der Wiener Linien kann man den Unmut nicht verstehen. Unter, an und teilweise im Arne-Karlsson-Park an der Kreuzung von Spitalgasse und Währinger Straße entsteht einer der künftig wichtigsten Knotenpunkte im Öffi-Netz. Sieben Straßenbahnlinien werden hier mit der U5 verknüpft. Oder wie Wiener-Linien-Geschäftsführer Günter Steinbauer sagt: „Da wird sich etwas tun."

Um den Umstieg reibungslos zu gestalten, werden sogar die Bim-Schienen in der Spitalgasse näher an den Park verlegt. Daher ist es aus Sicht der Wiener Linien nicht sinnvoll, die Auf- und Abgänge nicht an einem Fleck zu haben – müssten die Fahrgäste dann doch erst wieder die Straße überqueren.

Wirbel um die neuen U5-Stationsgebäude: Die Spitze des Eisbergs

Die lauteste Kritik kommt aus dem Alsergrund, wo die Grünen den Arne-Karlsson-Park in Gefahr sehen

Behilft man sich mit ein oder zwei zentralen Stationsgebäuden, kommt man um eine gewisse Größe nicht herum, müssen doch Rolltreppen, Aufzüge und herkömmliche Stiegen untergebracht werden. Oberste Prämisse bei der Ausgestaltung ist die Notentleerung: Wenn also – etwa im Brandfall – binnen kürzester Zeit alle Fahrgäste vom Untergrund an die Oberfläche gebracht werden müssen.

Denn das, was an der Oberfläche sichtbar ist, ist nur ein Bruchteil dessen, was sich unter der Erde abspielt – quasi die Spitze des Eisbergs.

Das große Ganze

Natürlich versuche man, so wenige Bäume wie möglich zu fällen, sagt Steinbauer, „Einzelschicksale“ ließen sich aber nicht vermeiden. Ersatzpflanzungen müssen in so einem Fall ohnehin vorgenommen werden, darüber hinaus verweist er aber lieber auf das große Ganze – die Verlagerung des Verkehrs weg von der Oberfläche.

Wirbel um die neuen U5-Stationsgebäude: Die Spitze des Eisbergs

Wiener-Linien-Chef Günter Steinbauer

„Dadurch stiften wir einen irrsinnigen Nutzen“, sagt er. Und meint damit auch: Platz. „Man kommt mit weniger Fahrspuren aus, weil es weniger Autos geben soll“, sagt Steinbauer. Flächen also, die man dann begrünen könne.

Das große Ganze betont auch die Bezirksvorsteherin des 9. Bezirks, Saya Ahmad (SPÖ). „Wir reden hier von einem riesigen Klimaschutzprojekt und sind Teil einer Stadt, keine losgelöste Insel.“ Sie sei im Austausch mit den Wiener Linien und „guter Dinge, so viele Bäume wie möglich zu erhalten“. Den Grünen wirft sie unter Verweis auf die noch fehlenden Detailpläne „Irreführung“ vor: „Das finde ich sehr bedauerlich.“

Währinger Zurückhaltung

Noch deutlich größer als das Bauwerk im Arne-Karlsson-Park wirkt jenes im Anton-Baumann-Park, künftig der zentrale Zugang zum U5/U6-Kreuz Michelbeuern. Dennoch äußert sich die grüne Bezirksvorsteherin Silvia Nossek zurückhaltender als ihre Parteikollegin am Alsergrund. Zwar sei sie auch „nicht ganz glücklich mit dem Glaskobel“, sieht aber zugleich die Chance, „mit kluger Planung“ Verbesserungen für den Park zu erreichen.

Dass dieser nach Abschluss der Arbeiten „neu und attraktiver“ sein wird, sagen auch die Wiener Linien. Ob das gelungen ist, wissen wir dann in zehn Jahren. Ungefähr.

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