Trockenheit: Patient „Untere Lobau“ braucht eine Infusion
20 Groschen zahlte man vor 96 Jahren bei einem Lobau-Besuch, erzählt Dokumentar-Filmer Manfred Christ. Warum er das weiß? „Mein Urgroßvater starb an einem Herzinfarkt, beim Kartenverkauf“. Kaum jemand ist mit der Unteren Lobau so verbunden wie Christ. Er betreibt die Website Lobaumuseum.wien.
Gemeinsam mit Forschern fordert er: Die „Lobau soll leben“. So nennt sich auch die Gruppe, die aus tiefer Überzeugung für die Rettung der Lobau eintritt, denn sie trocknet aus. Bei einem Symposium im April haben Wissenschafter der Boku, des Naturschutzbundes und des Naturhistorischen Museums die Entwicklung beleuchtet. Selbst Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ), Befürworter des Lobau-Tunnels, konnten sie laut eigener Angabe überzeugen, eine Experten-Runde dieses Jahr zum Thema einzuläuten.
Visite
Beim Lokalaugenschein wird die Misere offensichtlich. Bei der Mühlleitner Furt etwa: „Hier konnte ich früher fünf Meter tief tauchen“, sagt Christ. Heute findet man eine Lacke mit Seerosenteppich, Risse im Boden.
Wie bei Ebbe ist der Wassergrund sichtbar. Zwei der Forscher finden Teichmuscheln: Heimische und chinesische, die über Ballastwasser der Frachtschiffe aus dem Schwarzen Meer kommen.
Im Schlamm sind Wildschwein-Spuren zu sehen. „Sie suchen nach Nahrung graben Muscheln, Schnecken, Fische und auch junge Schildkröten aus“, erklärt Zoologe Helmut Sattmann. Durch den niedrigen Wasserpegel haben sie ein leichteres Spiel. Das ist vor allem für die geschützte Sumpfschildkröte problematisch.
Befund
„In 40 Jahren wird hier gar kein Wasser mehr sein“, sagt Thomas Hein, Hydrologie-Institutsleiter der Boku. Die Auenlandschaft werde zur Steppenlandschaft.
Nur das Naturjuwel Kühwörther Wasser werde bleiben. Hein warnt, dass die Verlandung „mit Sommer wie diesen und Wetter-Extremen“ noch schneller zur Austrocknung führen könnte. Gefährdet seien die Unteren-Lobau-Gewässer wie das Lausgrundwasser oder das Eberschüttwasser.
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