Treffpunkt Wien: Tafelspitzsulz im Traditionsbeisl
Gerhard Rühm gehört zu den größten Universalkünstlern des Landes. In der reaktionären Zeit nach dem 2. Weltkrieg machte er mit Lautgedichten und Sprechtexten auf sich aufmerksam. In einer Periode, in der moderne Musik militant abgelehnt wurde, nahm er Privatunterricht bei einem Zwölftonkomponisten, und 1954 war er an der Gründung der legendären "Wiener Gruppe" beteiligt.
Zum Diskutieren und Debattieren mit Literaten wie H. C. Artmann oder Friedrich Achleitner hat er sich mitunter auch im Beisl "Zu den 3 Hacken" eingefunden, einem der ältesten Gastwirtschaften der Stadt. Es ist ein Lokal, das Rühm auch 60 Jahre später noch gerne aufsucht.
So auch bei seinem jüngsten Wien-Besuch.
Rückblick und Ausblick
Derzeit besucht der 87-Jährige seinen Geburtsort wieder öfter. Im Bank Austria Kunstform auf der Freyung ist bis Ende Jänner eine Retrospektive seines Oeuvres zu sehen.
Seine Typocollagen und Schreibmaschinenideogramme findet man ebenso wie Schriftfilme oder Melodramen. Zur Finissage wird er mit seiner Frau Monika Lichtenfeld auf der Bühne stehen.
Auch wenn sein Alter und mehrere Retrospektiven anderes vermuten lassen könnten: Als Künstler hat Rühm noch viele Pläne. "Manchmal bin ich deprimiert, wenn ich mir denk, dass sich das alles nicht mehr ausgehen wird." Eine Art Poetik der Schreibmaschine plant er etwa und einen Roman mit dem Titel "Von Lieben bis Luther".
Von Menschen mit konservativen Einstellungen hat sich Rühm aber nie etwas vorschreiben lassen. "In der Musikhochschule, die ich dann besucht hab, war Jazz strengstens verboten. Man konnte deswegen rausgeschmissen werden. Natürlich haben wir es dennoch gespielt. Es ist einfach immer einer Wache gestanden und im Notfall haben wir auf Beethoven gewechselt", sagt er, und in seinem Grinsen kann man den Schelm von früher erkennen.
Trotz all der Auflehnung legt er jungen Künstlern eines ans Herz: Jeder sollte die eigene Kulturgeschichte, die eigene Tradition gut kennen.
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