Touristenmassen: Wie die Wiener City entlastet werden soll

Im Schnitt sind täglich 250.000 Touristen in der Inneren Stadt unterwegs.
Wien Tourismus möchte Besucher mit neuen Attraktionen in andere Teile der Stadt locken. Die Reaktionen der Bezirke sind durchwachsen.

Stephansdom oder Riesenrad. Falls die Layouter kreativ waren: Schönbrunn oder Rathaus. Wer einen Wien-Reiseführer zur Hand nimmt, sieht Orte, die man mit Wien verbindet und die man folglich beim Besuch sehen muss.

Das ist weder ungewöhnlich noch verwerflich. Zum Problem wird es nur, wenn das zu viele tun. Mit 16,5 Millionen Nächtigungen, die es 2018 in Wien gab, scheint man dieser Grenze näher zu kommen. Jedenfalls präsentierte der Wien Tourismus mit den Jahreszahlen 2018 auch Maßnahmen zur Entzerrung.

Für Wiederkehrer

Man wolle und könne die großen Highlights zwar nicht ersetzen. Aber: Jeder zweite Urlauber ist ein Wiederkehrer. Für sie wolle man neue Anreize schaffen. Eine Maßnahme: Diskussionen mit den Bezirksvertretern, um Orte mit Potenzial auszuloten. Ein erstes Treffen gibt es im März.

In einigen Flächenbezirken scheint man darauf nur gewartet zu haben. „Wir wollen das seit Jahren, hatten auch schon Kontakt mit dem Stadtratsbüro“, heißt es etwa aus Favoriten. „Wir wollen den Böhmischen Prater als Sehenswürdigkeit positionieren.“

Touristenmassen: Wie die Wiener City entlastet werden soll

Der Böhmische Prater soll stärker als Sehenswürdigkeit positioniert werden

In Simmering sieht Paul Stadler (FPÖ) unterdessen Potenzial im Schloss Neugebäude. Floridsdorfs Bezirkschef Georg Papay (SPÖ) möchte mit seinen Heurigen und dem Hausberg dem 19. Bezirk Konkurrenz machen.

Derart motiviert sind nicht alle. Mehrere Bezirkschef reagieren irritiert auf die KURIER-Nachfrage. „Ich bin dafür die falsche Ansprechpartnerin“, sagt etwa Penzings Vorsteherin Andrea Kalchbrenner (SPÖ).

Den 13. Bezirk sieht Silke Kobald (ÖVP) mit Touristen bereits gut ausgelastet.

Touristenmassen: Wie die Wiener City entlastet werden soll

Von der Überlegung, den Lainzer Tiergarten anzupreisen, um Schönbrunn zu entlasten, hält Kobald nichts: „Der soll für die Wiener da sein.“ Und Donaustadts Chef Ernst Nevrivy (SPÖ) weist darauf hin, dass er für touristische Angelegenheiten kein Budget habe. „Ich spiele den Ball zurück an den Tourismus: Es wäre schön, wenn er unseren Bezirk öfter in Werbefilmen zeigen würde.“

Breiter streuen

Daran arbeitet der Wien Tourismus. Etwa mit einer Kampagne, die Orte abseits klassischer Hotspots zeigen soll. Schon 2018 wurden 60 internationale Journalisten zu ungewöhnlichen Orten wie der Gugumuck-Schneckenfarm und der Essigbrauerei Gegenbauer geführt.
 

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Generell sollen mehr Gespräche mit Vertretern von Handel und Hotellerie geführt werden.

Das freut Andrea Steinleitner, Hotelier-Obfrau in der Wirtschaftskammer Wien, die ein Hotel im 17. Bezirk führt: „Es gibt hier so viel: den Dornbacher Pfarrer, die Schafberghöhe ...“

Martin Lohmann, Leiter des Instituts für Tourismus- und Bäderforschung in Nordeuropa (N.I.T.) in Kiel, begrüßt das Vorgehen des Wien Tourismus. „Ich glaube zwar, dass ein Wien-Besucher auch beim dritten und vierten Mal einen Blick auf den Stephansdom erhaschen möchte. Aber vielleicht wird es nur noch eine Stippvisite.“

Beginnt der Wien Tourismus mit diesen Maßnahmen zu spät? Schließlich herrscht in einigen Stadtteilen jetzt schon Unmut. Nein, findet Lohmann. „Es ist genau die richtige Zeit. Dass Teile der Bevölkerung genervt sind, das wird es immer geben.“

 

Tourismus bis in die Randbezirke

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