Der Torhunger des Toni Polster: Drei Treffer für die Ewigkeit

Prozess, Wien, Toni Polster, Manfred Ainedter
Der Rekordschütze kämpft vor Gericht um die Anerkennung von drei Länderspiel-Toren aus den 1980er-Jahren und klagte den ÖFB.

Es war die Zeit, als Fußball-Legende Toni Polster seine Haare noch lang trug und nicht alle Länder über professionelle Stadien verfügten.

In Liechtenstein etwa wurden die Länderspiele am Gemeindesportplatz von Vaduz ausgetragen.

Es war das Jahr 1984. Und Polster erzielte ein Tor beim 6:0-Sieg gegen Liechtenstein. Doch in seiner Torstatistik scheint dieses Goal nicht auf. Genauso wenig wie die beiden Treffer im Jahr 1988 gegen Tunesien.

"Ich habe diese Tore gemacht"

Lange, sagt Polster (er ist ÖFB-Rekordtorschütze, aktuell mit 44 Treffern), habe ihn das emotional beschäftigt. "Es gibt so Meilensteine für Fußballer. Und ich habe diese Tore gemacht. Ich will nichts geschenkt." Für Polster ist klar: Die Nicht-Wertung in der ÖFB-Statistik ist ein klares Foul. 

Deshalb liefert er sich um diese Tore (und ein weiteres Länderspiel gegen Marokko) mit dem ÖFB ein Match vor Gericht. An seiner Seite zwei Außenverteidiger: Die Anwälte Manfred Ainedter und Alexander Hiersche. Die gegnerische "Mannschaft" ist heute ein Solo-Spieler. Anwalt Stefan Korn vertritt den ÖFB.

Polster hat das Fußballdress gegen dunklen Anzug und Krawatte getauscht. "Er ist der Chef", sagt er und deutet auf Anwalt Ainedter, mit dem er das Landesgericht für Zivilrechtssachen betritt. 

Anpfiff

10 Uhr, Saal 12. "Der Gerichtssaal ist so groß wie ein Strafraum!", scherzt ein anwesender Sportjournalist. "Größer!", wendet Polster ein.

Der Schiedsrichter, in diesem Fall der Richter, versucht es vorsichtig mit der Frage, ob man sich nicht doch noch außergerichtlich einigen wolle. "Ich weiß, das ist eine pro-forma-Frage. Ich kann mir die Antwort schon denken." "Alles, was wir wollen, steht in der Klage", bestätigt Anwalt Ainedter.

Er hatte im Vorfeld von juristischem Neuland gesprochen, das man hier betreten werde. "Das ist nicht ganz so. Es gibt zwei Entscheidungen vom Eishockey bzw. von einem Radfahrer. Die Frage ist, ob sich die auf die Länderspiele auswirken", sinniert der Richter. Es ging jeweils um die Monopolstellung, diesmal gemeint ist der ÖFB. Denn diesem sei es laut Polsters Anwälten verwehrt, sachlich nicht gerechtfertigte Entscheidungen zu Lasten der von ihnen abhängigen Personen zu treffen.

Oder anders ausgedrückt: Der ÖFB dürfe seine Übermacht nicht ausüben.

Konkret die Macht, die Polster-Tore nicht zu zählen. Doch der Fall ist komplexer.

Damals gab es die Regelung mit den heimischen Fußballvereinen, dass nicht mehr als sechs Länderspiele pro Jahr stattfinden. Doch vor der Weltmeisterschaft 1990 war das zu wenig. Um mit den Vereinen nicht in Clinch zu geraten, spielte man zwar gegen andere Länder. Das aber "inoffiziell".

"Es wurden die offiziellen Trikots verwendet, vor dem Spiel wurde die Nationalhymne gespielt", sagt Anwalt Ainedter. Und auch die Schiedsrichter waren UEFA-zertifiziert. Allerdings nicht alle Linienrichter.

Und: Bei einem Spiel gab es sechs Auswechslungen bei den Österreichern (einmal handelte es sich um eine Wieder-Einwechslung eines Spielers). Erlaubt waren aber nur fünf Auswechslungen. "Das Liechtenstein-Spiel wäre deshalb in der Pause abgebrochen worden, weil es zu viele Auswechslungen gab", sagt ÖFB-Anwalt Korn.

Pausenpfiff

Frühere Mitspieler wie Andy Ogris, Ernst Baumeister und Manfred Kern sowie der damalige Nationalteam-Manager Heinz Palme sollen Licht ins Dunkel bringen. Zudem wird der aktuelle ÖFB-Generalsekretär Thomas Hollerer und Mediensprecherin Iris Stöckelmayr befragt.

Die Anwesenden zücken ihre Kalender, um den nächsten Verhandlungstermin auszumachen. "Wollen Sie noch vor der EURO verhandeln?", fragt Anwalt Ainedter den Richter. "Natürlich!"

In die zweite Halbzeit geht es somit am 17. Mai. 

"Wenn das anerkannt wird, würde ich auch in der weltweiten Torjägerliste sechs, sieben Plätze nach oben rutschen", sinniert Polster ehe er mit Anwalt Ainedter das Gericht verlässt.

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