Projekt "Stadtwildtiere": Auf den Igel gekommen

Projekt "Stadtwildtiere": Auf den Igel gekommen
Die Tiere waren früher in ländlichen Regionen unterwegs. Heute findet man sie oft in Siedlungsgebieten. Dort haben sie einige Hürden zu überwinden.

Er ist so groß wie ein Kaninchen und trägt etwas Unverwechselbares. Einen Stachelpelz.

Daran kann man den Igel leicht erkennen und von anderen Wildtieren unterscheiden.

Der Igel ist ein besonderes Lebewesen, denn durch ein kompliziertes Zusammenspiel seiner Muskeln kann er sich bei Gefahr zusammenrollen und zu einer Kugel formen. Dadurch ist er nahezu unverwundbar. Bei einem Sturz verletzen ihn seine eigenen Stacheln nicht, und manchmal rollt er als Kugel einen kleinen Abhang hinunter. Ein ausgewachsener Igel trägt etwa stolze 6.000 Stacheln.

Projekt "Stadtwildtiere": Auf den Igel gekommen

Gefährliche Hürde im Alltag für das Wildtier: Ein Igel, der in einem Maschendrahtzaun feststeckt

Freiräume und Hindernisse

Früher lebten Igel hauptsächlich in ländlichen Gebieten, heute sieht man sie häufiger in Siedlungsbereichen mit Gärten und Grünanlagen.

Das heimische Projekt „Stadtwildtiere“ besteht seit dem Jahr 2015 und beschäftigt sich seither mit der Erfassung von Wildtieren im urbanen Lebensraum. Die Wildtierökologin Fabienne Selinger widmet sich im Rahmen des Projektes vor allem der Hauptstadt und den Herausforderungen rund um Wildtieraufkommen. „Die städtischen Grün- und Freiräume in Wien bilden ein Mosaik verschiedenster Lebensraumtypen“, sagt sie.

Damit gemeint sind etwa Grünanlagen, Innenhöfe, Parks, Schul- und Sportanlagen, Friedhöfe, Flachdächer und Alleen.

Diese Lebensräume werden durch Gebäude, Straßen, Mauern und Zäune unterbrochen, die für viele Tiere, insbesondere Igel, erhebliche Hindernisse darstellen. Igel seien auf zusammenhängende Korridore und möglichst wenige Barrieren angewiesen, um ihre städtischen Lebensräume effektiv nutzen zu können. 

Gutes Gedächtnis

Hindernisse wie Stufen ab etwa 25 cm Höhe werden für Igel oft unüberwindbar. „Ein gut entwickeltes Ortsgedächtnis hilft ihnen zwar bei der Orientierung, doch viele geeignete urbane Lebensräume bleiben ihnen durch Zäune und Mauern verschlossen“, erklärt Selinger. 

Das Streifgebiet eines Igels umfasse etwa 30 bis 40 Hektar, und sie legen innerhalb einer Nacht mehrere Kilometer zurück, um Nahrung zu suchen. Eine hohe Durchlässigkeit ihrer Streifgebiete sei daher für ihre Bewegungsfreiheit während der Nahrungssuche entscheidend.

Loch im Zaun

Ein 10 cm großes Loch im Zaun könne bereits ausreichen, um Igeln und anderen kleinen Wildtieren den Zugang zu ermöglichen und ihnen so das Leben zu erleichtern. „Jede kleine Maßnahme kann einen großen Unterschied machen und hilft uns, wertvolle Daten zur Verbreitung unserer wilden Nachbarn zu sammeln“, betont Selinger.

Erhebung von „Stadtwildtiere“
Im Rahmen des Projekts  „Freie Bahn für Igel, Eichhörnchen und Co“ sollen im Jahr 2024 Igel- und Eichhörnchenmeldungen ausgewertet werden

6.000 Stacheln
besitzen ausgewachsene Igel auf ihrem Körper im Durchschnitt. Damit können sie sich vor Feinden gut schützen.  Gefährlich werden ihnen Tiere, die lange Krallen haben und damit einen  vollständig eingekugelten Igel packen können, wie z. B. der Uhu

Igel wiegen zwischen 300 und 1.500 Gramm und werden bis zu sieben Jahre alt. Bei den Stacheln handelt es sich um verhornte Haare

Einladung für Stadtbevölkerung

Die Wiener Bevölkerung sei eingeladen, sich am Projekt „Freie Bahn für Igel, Eichhörnchen und Co“ zu beteiligen. Dort kann man unterschiedliche Beobachtungen von Igeln und Eichhörnchen auf der Website www.stadtwildtiere.at melden und so aktiv zur Datenerhebung beitragen. 

„Jede Beobachtung zählt“, sagt Selinger. Und sie fügt scherzhaft hinzu: „Manchmal hilft es, nicht alle Latten am Zaun zu haben.“ Ein kleines Loch im Zaun könne tatsächlich den großen Unterschied machen und den stacheligen Vierbeinern den Weg zu neuen Nahrungsquellen und Verstecken eröffnen.

Gefahren entschärfen

Gefahren wie Lichtschächte könnten durch Abdeckungen entschärft, Wasserstellen mit Ausstiegshilfen versehen und Gärten insektenfreundlich gestaltet werden. 

Für Eichhörnchen seien wiederum Baumkorridore als Verbindungsachsen wichtig. Zusammenhängende Baum- und Heckenstrukturen sollten gefördert werden, um ihnen ein sicheres Durchkommen zu ermöglichen.

Zwei Arten

In Mitteleuropa gibt es zwei vorherrschende Igelarten. Der Braunbrustigel oder Westigel (Erinaceus europaeus) hat sein Verbreitungsgebiet in weiten Teilen West-, Mittel- und Nordeuropas. Der Nördliche Weißbrustigel oder auch Osteuropäische Igel (Erinaceus roumanicus) kommt dagegen in Mittel- und Osteuropa, im Baltikum und im Kaukasus bis nach Westsibirien vor. Beide Arten sind dämmerungs- und nachtaktiv. Insgesamt gibt es über 20 unterschiedliche Igelarten.

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