Tausende Kinder brauchen neue Kindergärten

Tausende Kinder brauchen neue Kindergärten
Stadt und private Vereine bieten 3000 alternative Betreuungsplätze an. Alt-Wien-Chef Wenzel ist nicht erreichbar.

„So richtig glauben kann es wohl noch keiner von uns“, sagt Thomas Frizberg, Vater zweier Töchter, die den „Alt-Wien“-Kindergarten in der Währinger Martinstraße besuchen. Er meint damit die Stimmung unter den Eltern jener 2276 Kinder, die nach dem endgültigen Förderstopp für den Trägerverein „Alt-Wien“ ab Anfang September neue Betreuungsplätze brauchen. Wie berichtet, geht es um den Verdacht des Betrugs und des Fördermittelmissbrauchs in Millionenhöhe. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Bis zuletzt hatten die betroffenen Familien auf ein Happy End gehofft. Nicht zuletzt, weil Vereinsvorstand Richard Wenzel sie wiederholt mit Fehlinformationen beruhigt haben soll. „Er hat uns bis zuletzt an der Nase herumgeführt“, schildert Mutter Jennifer Willinger aus der Leopoldau. „Wir fühlen uns nur noch verarscht.“
So soll der „Alt-Wien“-Chef selbst am Donnerstagnachmittag noch – nachdem das Büro von Stadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) das Scheitern der Verhandlungen mit dem Trägerverein bekannt gegeben hatte – Eltern gegenüber behauptet haben: „Es geht weiter.“

Geglaubt wird ihm freilich nicht mehr.

Genügend freie Plätze

Fakt ist: Nachdem es am Donnerstag zu keiner Einigung zwischen der Stadt und „Alt-Wien“ kam, brauchen jetzt 2276 Kinder neue Betreuungsplätze. Kündigte Vorstand Richard Wenzel doch an, ohne weitere Förderungen Anfang September alle 33 Standorte schließen zu müssen. Seitens der MA10 (Wiener Kindergärten) versucht man, betroffene Familien zu beruhigen: insgesamt haben städtische und private Kindergärten genügend freie Plätze.

Bei den SPÖ-nahen Kinderfreunden gibt es 600 freie Plätze, die katholische St.-Nikolaus-Stiftung bietet 210 an und „Kinder in Wien“ verfügt über „200 bis 300“ Plätze. Zudem berichtet MA10-Chefin Daniela Cochlar über 1932 Plätze in städtischen Kindergärten. Für Betroffene steht die Hotline 01/2775555 zur Verfügung.

Es könne wohl sein, „dass sich nicht alle neuen Betreuungsplätze direkt neben der Wohnung oder dem Arbeitsplatz der Eltern befinden“, räumt Cochlar ein. Man bemühe sich aber um eine „regionale Zuordnung“.

Übernahme-Angebote

Unterstützung für die rund 300 „Alt-Wien“-Mitarbeiter bietet die Gewerkschaft der Privatangestellten unter 050301/21000 an. Der Betriebsrat des Kindergarten-Vereins will vorerst ebenso wenig eine Stellungnahme abgeben, wie Vorstand Richard Wenzel: Er ist weder für die Betroffenen, noch für Medien erreichbar.

Was die „Alt-Wien“-Standorte betrifft, berichtet Cochlar von Übernahme-Überlegungen privater Träger. Hier brauche es allerdings eine Einigung mit „Alt-Wien“, weil die Immobilien zum Teil der Familie Wenzel gehören bzw. diese aufrechte Verträge mit Vermietern habe. Die Stadt werde keine Standorte übernehmen.

Eine Absage erteilt die Rathaus-SPÖ Familienministerin Sophie Karmasin (ÖVP), die angeboten hatte, zwischen Stadt und „Alt-Wien“ zu vermitteln. Da der Verdacht des Betrugs sowie des Missbrauchs von 6,65 Millionen Euro Fördergeld im Raum stehe, sei die Causa nun ein Fall für den Staatsanwalt, erklärt Kinder- und Jugendsprecherin Angela Lueger. FPÖ-Chef HC Strache fordert von Bürgermeister Michael Häupl indes einen Runden Tisch zu der Causa. Kritik kommt auch von ÖVP und Neos.

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