Tagesmütter müssen künftig perfekt Deutsch sprechen
400 Ausbildungsstunden statt, wie bisher, 90. Und perfekte Deutschkenntnisse als absolutes Muss. Das sind die wesentlichsten Neuerungen für das Betreuungspersonal in Kindergruppen sowie für Tagesmütter (bzw. -väter) in Wien. Die rot-grüne Stadtregierung reagiert mit der neuen Verordnung auf „Erfahrungen in der Praxis“ – sprich auf den Aufsehen erregenden Vorbericht von Ednan Aslan über islamische Kindergärten bzw. -gruppen. Dort würden zum Teil Parallelgesellschaften herangezüchtet, behauptet der Religionspädagoge der Uni Wien.
Abgesehen von einer Aufstockung der Kindergarten-Kontrollore von elf auf 13, ist nun eine neue Verordnung für die rund 620 privat geführten Kindergruppen (in denen jeweils zwei Personen beschäftigt sind) sowie für Tageseltern in Vorbereitung. Der Entwurf der neuen Verordnung ist unter www.wien.gv.at abrufbar und liegt noch bis 29. April bei den Magistratischen Bezirksämtern zur öffentlichen Einsichtnahme auf. Stellungnahmen können per eMail an gr@ma11.wien.gv.at sowie schriftlich bei den Bezirksämtern abgegeben werden.
Mehr Praxis sammeln
Wie im Landtag Ende Jänner in Aussicht gestellt, gilt der Wiener Bildungsplan künftig nicht mehr nur für Kindergärten, sondern auch für -gruppen. Deren Betreuer müssen nunmehr 400 Ausbildungsstunden absolvieren. 160 davon entfallen auf die Absolvierung eines Praktikums. Ein weiterer zentraler Punkt ist die Sprachkompetenz des Personals: Sehr gute Deutschkenntnisse sind die Grundvoraussetzung. Denn ohne diese können die Inhalte der Ausbildungskurse nicht sinngemäß erfasst werden. Und auch die Sprachförderung der betreuten Kinder wäre nicht möglich.
Die Feststellung der Deutschkenntnisse obliegt jenen Institutionen, die die Betreuer bzw. Tageseltern ausbilden. Also zum Beispiel der Caritas oder dem Hilfswerk. Als Maßstab soll der sogenannte europäische Referenzrahmen (der die Niveaus der Sprachkompetenz in sechs Niveaus von A1 bis C2 definiert) herangezogen werden.
Sanac begrüßt Verordnung
Die neue Verordnung wird nicht nur von der Politik als „wichtiger Schritt“ erachtet (Stadträtin Sonja Wehsely, SPÖ), sondern auch in der muslimischen Gemeinde. „Bildung beginnt im Kindergarten. Jede qualitative Aufwertung des Personals ist da zu begrüßen. Und vor allem auf Sprachkompetenz muss gesteigerter Wert gelegt werden“, meint etwa der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGiÖ), Fuat Sanac. Aslan war für keine Stellungnahme zu erreichen.
Wie viele der rund 620 Kindergruppen als islamisch eingestuft werden können, ist übrigens noch nicht klar. Das soll die große Studie von Integrationsministerium und Stadt Wien klären.
Mit seinem Vorbericht über (geschätzte) 150 islamische Kinderbetreuungseinrichtungen in Wien machte Religionspädagoge Ednan Aslan über Österreich hinaus zwar Schlagzeilen. Doch viele Fragen blieben unbeantwortet.
Etwa, ab wann ein Kindergarten überhaupt als „islamisch“ zu bewerten ist. Reicht es schon, wenn der Betreiber ein Muslim ist? Zudem wird die Aussagekraft der Untersuchung, die auf Interviews mit nur acht Trägervereinen sowie auf Analysen von Internet-Auftritten und Werbepublikationen basiert, nicht nur in akademischen Kreisen infrage gestellt.
Integrationsministerium und Stadt Wien haben sich deshalb auf eine gemeinsame flächendeckende Studie geeinigt. Zum Forscherteam gehören neben Aslan Susanne Heine, Maria Fürstaller und Wolfgang Mazal von der Uni Wien, Elisabeth Raab-Steiner (FH Campus) sowie Soziologe Kenan Güngör. Die Untersuchung soll bis Mai 2017 abgeschlossen sein.
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