Wien: Islamische Kindergärten unter der Lupe
Mangelnde Deutschkenntnisse, die die Integration behindern; muslimische Kinder, die vor den Einflüssen der Mehrheitsgesellschaft „beschützt“ werden; strafende Gottesbilder; Kindergärten als Wirkungsstätten des politischen Islams und vor allem der Muslimbruderschaft. Und dann auch noch „unzureichende Kontrollen“ durch die Stadt: Der 177 Seiten dicke Endbericht zu islamischen Kindergärten und -gruppen in Wien des Religionspädagogen Ednan Aslan von der Uni Wien lässt die politischen Wogen erneut hochgehen. Eigentlich hatte das Integrationsministerium die Veröffentlichung des Berichts schon für Ende Jänner in Aussicht gestellt. Gestern, Freitag, war es endlich so weit. Im Detail ist die Arbeit hier nachzulesen.
Zum Zweck der Evaluierung hatte Aslans Team vom Institut für Islamische Studien bei 15 Trägervereinen angefragt – nur acht erklärten sich jedoch zur Mitarbeit bereit. Diese betreuen 1940 Kinder in 19 Kindergärten bzw. -gruppen. Wo es möglich war, wurden Betreiber, Personal und Eltern interviewt. Darüber hinaus habe man Internet-Auftritte und Publikationen zahlreicher weiterer Einrichtungen analysiert. Namentlich erfassbar seien 71 Kindergärten und 56 Kindergruppen, sagt Aslan – der die Zahl der muslimischen Kinderbetreuungseinrichtungen in Wien auf 150 schätzt. Etwa 10.000 Kinder würden insgesamt hier betreut. Ein Problem der Studienautoren war, dass viele Trägervereine nicht am Forschungsprojekt mitwirken wollten.
Schon Vor-Studie machte Schlagzeilen
Aslan erregte bereits Anfang Dezember Aufsehen, als das Ministerium von Sebastian Kurz (VP) seine 33-seitige „Vor-Studie“ zu den islamischen Kindergärten in Wien veröffentlichte. Darin hieß es, in den Betreuungseinrichtungen werde zum Teil eine Parallelgesellschaft herangezüchtet. Und auch der 38.400 Euro kostende Endbericht spricht eine eindeutige Sprache.
Zwar hätten etliche Trägervereine heikle Inhalte seit Erscheinen der Vor-Studie aus dem Netz genommen, doch etliche Problemfelder seien nach wie vor offensichtlich. So etwa, dass in Kindergärten teilweise eine konservative Theologie zum Tragen komme, die die Kinder vor den Einflüssen der Mehrheitsgesellschaft „schütze“.
Homogene ethnische Gruppen würden es dem Personal schwer machen, die deutsche Sprache zu fördern – sofern es dieser überhaupt selbst mächtig sei. „Zum Teil arbeiten in den Kindergärten gut ausgebildete Pädagoginnen aus Osteuropa, die aber sprachliche Defizite haben“, erläutert Aslan. „Und die prägen die Sprachkultur der Kinder mit.“ Der Religionspädagoge plädiert daher dafür, nur mehr Erzieherinnen zu beschäftigen, die Deutsch als Muttersprache haben.
Ein Problem sei auch, dass in der Vermittlung religiöser Inhalte – etwa durch das Auswendiglernen kurzer Suren – mit strafenden Gottesbildern gearbeitet werde. Da sei zum Beispiel von Dämonen und vom Höllenfeuer die Rede, was bei Kindern Angst verursachen könne. Aslan findet die Frage berechtigt, „ob solche Texte nicht dazu führen, dass Kinder letztendlich Gewalt immer als Teil ihrer Religion betrachten“.
Die bisherigen Kontrollen des Magistrats reichen da nicht aus, meint Aslan. Zwar würden Räumlichkeiten, organisatorische und hygienische Auflagen überprüft, nicht aber die pädagogische Qualität.
Wirkungsstätten der Muslimbruderschaft?
Ein Punkt, der Aufklärung bedarf, ist der Einfluss des politischen Islams in Österreich. So betreibe etwa die Muslimbruderschaft in Wien mehrere Kindergärten und -gruppen, behauptet Aslan. „Deutliche Anhaltspunkte für die Grundlagen des intellektuellen Salafismus“ sieht er zudem beim „Islamologischen Institut“ von Amir Z. – das im Bereich der Elementar- und Erwachsenenpädagogik tätig ist. Oder etwa bei „BAKIP 12“, wo Erzieherinnen ausgebildet werden.
Namentlich wird in der Studie auch Aiman M. von der Islamischen Religionspädagogischen Akademie (IRPA) genannt – der sich in einem Interview mit einem arabischen Fernsehsender selbst als Muslimbruder bezeichnet haben soll.
Bestätigt sieht sich durch Aslans Endbericht die Wiener Opposition: ÖVP-Chef Gernot Blümel meint, Rot-Grün habe die Probleme zu lang ignoriert, FPÖ-Vizebürgermeister Johann Gudenus attestiert der Stadt ein Totalversagen als Kontrollorgan. Die Neos fordern eine Qualitätsoffensive bei der Ausbildung von Kindergartenbetreuern.
Der frühere Bildungsstadtrat und nunmehrige SPÖ-Klubobmann Christian Oxonitsch will trotz mehrfacher Nachfrage nicht Stellung nehmen. Er werde dazu weder jetzt, noch in Zukunft etwas sagen, lässt Oxonitsch über einen Sprecher ausrichten. Im Büro von Stadträtin Sonja Wehsely, in deren Zuständigkeit die Kindergarten-Kontrollen fallen, will man Aslans Endbericht indes nicht vorschnell kommentieren. „Wir werden uns die Ergebnisse erst ganz genau anschauen“, heißt es dort.
Auf Ednan Aslans Endbericht folgt nun eine flächendeckende Untersuchung islamischer Kinderbetreuungseinrichtungen in Wien. Darauf haben sich Integrationsministerium und Stadt geeinigt. Erstellt wird die Studie von einem sechsköpfigen Forscherteam. Bis Mai 2017 soll sie abgeschlossen sein.
An der gemeinsamen Untersuchung werden neben Aslan Susanne Heine, Maria Fürstaller und Wolfgang Mazal von der Uni Wien, Elisabeth Raab-Steiner (FH Campus Wien) sowie Diplomsoziologe Kenan Güngör mitarbeiten. Die drei Forscherinnen wurden von der Stadt Wien nominiert, die Herren vom Ministerium.
Die Stadt stellt die erforderlichen Daten bereit. Zudem werde man den Zugang zu allen Kinderbetreuungseinrichtungen gewähren und auch Vereinsregisterauszüge vorlegen. Wichtige Fragen seien, ob die pädagogischen Konzepte privater Kindergärten und -gruppen mit den Grundwerten der österreichischen Verfassung, mit Kinder- und Menschenrechten sowie mit dem Wiener Bildungsplan übereinstimmen.
Gelebte Werte
Ebenso werde untersucht, welche Werte in der Praxis gelebt werden. Auch die verwendeten Sprachen und den religiösen Hintergrund von Kindern und Personal will man sich genauer ansehen. Erforscht wird außerdem die Erwartungshaltung der Eltern bzw. Erziehungsberechtigten. Weiters wird eine Liste mit allen islamischen Kindergärten oder -gruppen und deren Betreibern sowie Trägervereinen erstellt.
„In Wien ist kein Platz für Radikalismus und Extremismus. Wenn es Probleme gibt, müssen diese angegangen und gelöst werden“, verweisen die zuständigen Wiener Stadträtinnen Sonja Wehsely und Sandra Frauenberger (SPÖ) auf die bereits erfolgte Aufstockung der Kontrolleure sowie auf eine verbesserte Ausbildung von Betreuerinnen. Man ziehe mit der Stadt nunmehr an einem Strang, sagt Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP).
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