Zwei mutmaßliche syrische Kriegsverbrecher vor Prozess in Wien

Prozess gegen vier Ex-BVT-Spitzenbeamte wegen Amtsmissbrauchs.
Bei einem handelt es sich um Khaled H., den das BVT für den Mossad hierzulande versteckt hatte. Es ging um die Operation White Milk.

Die Staatsanwaltschaft Wien hat beim Landesgericht für Strafsachen Wien Anklage gegen zwei hochrangige Amtsträger des ehemaligen syrischen Regimes wegen der Vergehen der schweren Körperverletzung, der Verbrechen der schweren Nötigung, des Verbrechens der geschlechtlichen Nötigung sowie hinsichtlich eines Angeklagten auch wegen des Verbrechens der Folter eingebracht. 

Es handelt sich dabei auch um Khaled H., den das BVT für den israelischen Mossad drei Jahre lang in Wien versteckt hat, wie der KURIER bereits 2017 enthüllte. 

Im Auftrag des syrischen Assad-Regimes

"Den Angeklagten wird zusammengefasst zur Last gelegt, im Tatzeitraum von 2011 bis 2013 in der syrischen Stadt Ar Raqqa als Amtsträger des ehemaligen Regimes unter Bashar AL-ASSAD Straftaten gegen die syrische Zivilbevölkerung, nämlich gegen in Haftanstalten befindliche Zivilpersonen begangen zu haben. Ziel der Tathandlungen war es, die damalige Protestbewegung gegen das Regime zu unterdrücken und die Bevölkerung einzuschüchtern", heißt es in einer Aussendung. 

"Landesweit wurden auf Anordnung der Zentralbehörden in Damaskus Repressionen gegen die Zivilbevölkerung ausgeführt, welche sich letztendlich zu einem Bürgerkrieg ausweiteten", so die Staatsanwaltschaft Wien. "Bei den Angeklagten handelt es sich um einen ehemaligen Brigadegeneral des Allgemeinen Syrischen Geheimdienstes sowie um den ehemaligen Leiter der Ermittlungsabteilung der örtlichen Kriminalpolizei im Rang eines Oberstleutnants."

Beide Verdächtige sollen für die Festnahme von Zivilpersonen sowie deren Inhaftierung und anschließende Einvernahme durch eine im Rahmen der Sicherheitskräfte gebildete Kommission organisatorisch verantwortlich gewesen sein und fallweise auch selbst Tätlichkeiten gegen inhaftierte Personen gesetzt haben. Zeugen berichten von teils grauenhaften Foltermethoden. Im Fall eines der Opfer soll es auch zur Anwendung von sexueller Gewalt gekommen sein.

Laut einem früheren Beamten des Allgemeinen Nachrichtendienstes aber sollen "die Schreie der misshandelten Häftlinge im gesamten dreistöckigen Gebäude der Zweigstelle" gehört worden sein.

21 Folteropfer ausgeforscht

Bislang konnten 21 Opfer ausgeforscht werden, welche sich aufgrund der erlittenen Verletzungen mi teilweise schweren Dauerfolgen dem Ermittlungsverfahren als Privatbeteiligte angeschlossen haben.

Die Zuständigkeit der österreichischen Strafverfolgungsbehörden ergibt sich aus dem Umstand, dass die Angeklagten im Jahr 2015 unabhängig voneinander in Österreich einen Antrag auf Asyl gestellt haben und seitdem im Bundesgebiet aufhältig sind.

Das Strafmaß beträgt jeweils von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe; die Anklage ist noch nicht rechtskräftig, die Angeklagten haben das Recht, innerhalb von 14 Tagen ab Zustellung der Anklageschrift Einspruch bei Gericht zu erheben.

Anscheinend durch einen Fehler ist die Anklage Hs Verteidiger Timo Gerersdorfer nicht zugestellt worden, wie er dem KURIER bestätigt. Fakt ist: Sein Mandant Khaled H. bestreitet nach wie vor alle Vorwürfe. H. habe dem berüchtigten Ermittlungskomitee in Rakka nicht angehört, das für die Verhöre der Gefangenen zuständig war. H. sei nicht an Folterungen beteiligt gewesen. 

Im Zuge der Ermittlungen waren auch mehrere BVT-Beamte angeklagt, weil sie dem General im Asylverfahren unterstützt hatten. Sie wurden aber freigesprochen. Wer die Operation in Österreich genehmigt hat, ist bis heute unklar. 

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