Stinkende Titanenwurz: Blühende Penispflanze wird untersucht
Dass sich im Botanischen Garten der Universität Wien im Belvedere derzeit etwas Besonderes abspielt, ist kaum zu übersehen. Lange Schlangen und gezückte Fotoapparate deuten darauf hin. Wirklich klar wird es einem, wenn man das selbst bedruckte T-Shirt des verantwortlichen Botanikers David Prehsler sieht. Auf weißem Hintergrund ist dort eine gelb-rote Titanenwurz – eine der größten Blumen weltweit – zu sehen.
Die Pflanze, deren lateinischer Name Amorphophallus titanum übersetzt „gigantischer unförmiger Penis“ bedeutet, blüht im Botanischen Garten der Uni Wien zum ersten Mal.
Das seltene Naturschauspiel dauert nur 24 bis 48 Stunden. Während dieser Zeit verströmt die Pflanze einen bestialischen Gestank, der dem eines Kadavers ähnelt. Damit lockt die Titanenwurz Insekten an, die als Bestäuber dienen sollen. „Als ich am Sonntag mit dem Rad angekommen bin, habe ich den Gestank bis auf die Straße gerochen. Spätestens da wusste ich, dass sie blüht“, sagt Prehsler. Am Montag war der Geruch dann nicht mehr so intensiv. Zumindest haben sich die Besucherinnen und Besucher nichts anmerken lassen. Ganz anders sah das bei einer Kindergartengruppe aus. Ihren Gesichtern und den mit kleinen Fingern zugehaltenen Nasen sah man den Ekel an.
Spektakel bald zu Ende
Lange wird das Spektakel aber nicht mehr dauern. Schon bald werde die Blume in sich zusammenfallen.
In freier Natur würde die Blume nach der Bestäubung orange Bonbon-große Beeren hervorbringen. Die Wiener Titanenwurz wird aber nicht bestäubt. „Zum einen brauchen wir die vielen Samen nicht und zum anderen könnte die Mutterpflanze bei der Bestäubung durch Fäulnis gefährdet werden“, sagt Prehsler. Das wolle man nicht riskieren. Das Wiener Exemplar der ursprünglich aus Indonesien stammenden Blumenart sei nämlich bereits 16 Jahre alt und 80 Kilo schwer – ein Erfolg für den Botaniker, der ihm auch am T-Shirt anzusehen ist.
Stattdessen wird die Pflanze Dienstagnachmittag für Forschungs- und Demonstrationszwecke zerlegt. Besuchern bietet sich dann ein Blick ins Innere der Blume.
Um das Innenleben der Pflanze auch während der Blüte zu erforschen, hat das Team des Botanischen Garten ein Loch in die Blume geschnitten. Zu sehen war darin die weibliche Blüte (im unteren Bereich) und die männliche Blüte (im oberen Bereich).
Experten gehen nämlich davon aus, dass es eine Fallenblume ist, die die Insekten austrickst. Bewiesen wurde die Fallen-Theorie für die Titanenwurz allerdings noch nicht. Dazu muss untersucht werden, ob sich auf der Innenseite der kesselartigen Struktur Rutschflächen befinden. Damit könnte nämlich bewiesen werden, dass es sich um eine „Kesselfallenblume“ handelt, die die Insekten im Inneren festhält.
In Serie produzieren
Getauft wurde die Titanenwurz übrigens auch: „Willi“ nach dem Wiener Botaniker Heinrich Wilhelm Schott (1794–1865). Die nächste Blüte erhofft man sich im Botanischen Garten für 2025 oder 2026. Bis dahin wäre sogar genug Zeit, um Fanartikel in Serie zu produzieren.
Die Titanwurz kann auch über den Livestream des Botanischen Garten der Uni Wien besichtigt werden.
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