Steiniger Weg für neue Ärzte-Gewerkschaft

Experten sind skeptisch, ob die Ärzte-Rebellen erfolgreich sein werden.

Es ist ein Vorgang, der in der beschaulichen Welt der österreichischen Sozialpartnerschaft nicht gerade alltäglich ist: Weil sie sich von den etablierten Gewerkschaftern in den aktuellen Arbeitszeit- und Gehaltsverhandlungen mangelhaft vertreten fühlt, hat eine Gruppe von Spitalsärzten kurzerhand eine eigene Ärzte-Gewerkschaft namens Asklepios gegründet (der KURIER berichtete).

Initiator Gernot Rainer, Lungenspezialist am Wiener Otto-Wagner-Spital, kritisiert vor allem die mangelnde Transparenz in den jüngsten Verhandlungen für die Wiener Gemeindespitäler, die von der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten geführt wurde. Sie, aber auch die Ärztekammer, sei zudem in dem Kampf um bessere Arbeitszeiten um Jahre zu spät aktiv geworden.

Die so Kritisierten bereiten der neuen Gewerkschaft erwartungsgemäß einen kühlen Empfang: "Die Neugründung einzelner Gruppierungen schwächt die Ärztefront", warnt Wiens Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres in der ÄrzteWoche. Christian Meidlinger, Chef der Gemeinde-Gewerkschafter, spricht gar von einer "völlig absurden Idee".

Starker Zulauf

Ungeachtet dessen hat Asklepios binnen weniger Wochen mehr als 1000 Mitglieder hinter sich versammelt. Allein in Wien sind es knapp 600, das sind bereits fast zehn Prozent aller Wiener Spitalsärzte.

Jetzt kämpft man darum, bei künftigen Verhandlungen mit am Tisch sitzen zu dürfen. Formell wird die sogenannte Kollektivvertragsfähigkeit vom Bundeseinigungsamt anhand mehrerer Kriterien definiert. Dazu gehört eine maßgebliche Zahl von Mitgliedern, aber auch die finanzielle Absicherung der neuen Gewerkschaft.

Für den Innsbrucker Politologen Ferdinand Karlhofer ist die Gründung der neuen Gruppierung jedenfalls ein "Alarmsignal" für die etablierten Kräfte. Solle sie noch weiteren Zulauf bekommen, werde man nicht umhin kommen, ihr Konzessionen zu machen, um sie einzubinden.

Karlhofer sieht aber ein wesentliches Manko: "Hier hat sich eine Protestgruppe aufgrund eines Einzel-Problems – die neue Arbeitszeit-Regelung – formiert. Dieses ist mittlerweile weitgehend gelöst. Die Gruppe wird sich daher weitere Themen suchen müssen, um langfristig Bestand zu haben."

"Zu schwach"

Zurückhaltend ist man auch beim ÖGB: "Wir werden uns ansehen müssen, wie sich die neue Gruppe weiter entwickelt. Derzeit ist sie noch viel zu schwach, um Kollektivvertragsverhandlungen führen zu können", sagt der leitende Sekretär Bernhard Achitz.

Für ihn mache es auch wenig Sinn, dass sich Gewerkschaften bilden, die einzelne Berufsgruppen vertreten. "In Deutschland hat man damit keine guten Erfahrungen gemacht."

Gänzlich auf die leichte Schulter nimmt man aber auch im ÖGB die Ärzte-Gewerkschaft nicht: "Man muss schon darüber nachdenken, ob die bestehende Vertretung optimal funktioniert."

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