Spitalsärzte: Mehr Gehalt, weniger Nachtdienste

Gemeinsam mit der Gewerkschaft einigten sich Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres und Stadträtin Sonja Wehsely auf das neue Modell
Stadt präsentiert neues Arbeitszeit-Paket. Doch nicht alle Ärzte sind von der Regelung begeistert.

Nach einem Verhandlungsmarathon war das Paket um 5.30 Uhr in der Früh fertig geschnürt. Personalvertreter, Ärztekammer und Krankenanstaltenverbund (KAV) haben sich Donnerstag auf ein neues Gehalts- und Arbeitszeit-Schema für die 3000 Mediziner in den Wiener Gemeindespitälern geeinigt. Es wurde durch die gesetzlich vorgeschriebene Arbeitszeit-Verkürzung auf 48 Stunden pro Woche notwendig.

Um die Gehaltseinbußen auszugleichen, werden die Grundgehälter erhöht: Turnusärzte verdienen ab 1. Juli 3400 bis 4000 Euro brutto monatlich, was einer Steigerung von 25 bis 29 Prozent entspricht. Fachärzte verdienen künftig zwischen 5200 und 7900 Euro.

Die Finanzierung: 47 Millionen Euro kommen aus den Mitteln, die durch Dienstumschichtungen frei werden. Weitere 19,9 Millionen schieße die Stadt extra zu, kündigt Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely an.

Während bisher der Nachtdienst um 13 Uhr begann, wird die Tagesarbeitszeit künftig von 7 bis 19 Uhr gehen. Damit sollen vor allem in den Nachmittagsstunden mehr Patienten versorgt werden, während die Nachtdienste bis 2018 schrittweise um ein Drittel reduziert werden.

Noch keine Lösung gibt es indes für die AKH-Ärzte. Hier wird am Montag weiterverhandelt.

Kaum lagen am Donnerstag die Eckpunkte auf dem Tisch, meldeten sich die ersten kritischen Stimmen. Empört sind etwa die Primarärzte, für die vorerst keine Gehaltsanpassung vorgesehen ist. "Das ist völlig unverständlich, zumal der Gehaltsunterschied zwischen Fachärzten und Primarii gleich null ist", sagt Robert Hawliczek, einer der Kollegiensprecher der städtischen Primarärzte. Im Büro Wehsely beruhigt man: "Im Zuge der Besoldungsreform wird es noch Gespräche mit ihnen geben."

Scharfe Kritik kommt auch von der neu formierten Ärzte-Gewerkschaft "Asklepios". "Die Umschichtung der Dienste läuft de facto auf einen Schichtdienst hinaus. Die von der Ärztekammer geforderte Familienfreundlichkeit ist damit nicht möglich", sagt Mediziner Gernot Rainer. "Das Gegenteil ist der Fall", kontert man im Büro Wehsely. Das neue Modell führe zu einer Flexibilisierung der Arbeitszeiten.

Rainer kritisiert auch, dass die Ärzte zu wenig in die Verhandlungen eingebunden waren und fordert – wie zuletzt schon seine Kollegen in Oberösterreich – eine Urabstimmung unter den angestellten Ärzten. Eine solche plant die Kammer nicht, nach den Semesterferien soll es aber eine elektronische Befragung der KAV-Ärzte geben.

"Es ist ein Kommunikationsdesaster passiert." Mit diesen Worten kommentierte Oberösterreichs Ärztekammerpräsident Peter Niedermoser den Aufruhr unter seinen Kollegen, seit dem er am Sonntag mit Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) das neue Gehaltspaket ausverhandelt hat. Aus allen Krankenhäusern Oberösterreichs hagelte es heftige Kritik, unzählige Primarii riefen zum Widerstand auf. "Ich verstehe die Aufregung", sagte Niedermoser. Aufgrund der Unkenntnis über Details etwa im Bereich der Überstunden seien falsche Zahlen und Berechnungen kursiert.

"Es herrscht große Verunsicherung in den Häusern. Die Detailverhandlungen wurden uns bis dato noch nicht kommuniziert", kritisierte SPÖ-Gesundheitssprecherin Julia Röper-Kelmayer, Oberärztin am AKh Linz und Mitglied der Kurie der Spitalsärzte. Diese hätte das ausverhandelte Gehaltsschema in der für Donnerstagabend anberaumten Sitzung eigentlich absegnen sollen. Stattdessen wurde das Treffen in eine reine Informationsveranstaltung umgewandelt. "Wir werden die Kurie über sämtliche Berechnungen informieren. Ich glaube nicht, dass es danach noch Gegenwehr geben wird", war sich Niedermoser vor der Sitzung sicher.

Befragung der Ärzte

Röper-Kelmayer brachte mit Fraktionskollegen, AKH-Primar Herbert Stekel dennoch einen Antrag zu einer Urabstimmung ein. Dabei würde man alle 3200 Spitalsärzte zum neuen Paket befragen. "Bei so einer entscheidenden Veränderung ist es legitim, basisdemokratisch abzustimmen." Ob der Antrag von der Kurie mehrheitlich angenommen wurde, war zu Redaktionsschluss noch nicht bekannt.

FPÖ-Gesundheitssprecherin Brigitte Povysil hält eine Urabstimmung für kontraproduktiv. "Ich bin für Basisdemokratie, aber wichtiger sind Informationen. Dieser Zwist unter den Kammerfunktionären bringt absolut nichts." Falls bei den Gehaltsberechnungen herauskomme, dass es keine Verbesserungen gibt, dann hieße es "zurück an den Verhandlungstisch".

Landeshauptmann und Gesundheitsreferent Pühringer kann die Aufregung ebenfalls nachvollziehen. "Die Ärzte wollen Klarheit. Für die Weitergabe der Informationen ist allerdings ihre Vertretung zuständig." Dass das ausverhandelte Paket abgelehnt wird, glaubt er nicht, denn "es gibt für mehr als 75 Prozent der Spitalsärzte eine Verbesserung, vor allem für die Jungen und den Mittelbau". Die Verhandlungen waren notwendig geworden, weil Ärzte nur noch 48 Stunden in der Woche arbeiten dürfen.

Das neue Arbeitszeitmodell für Spitalsärzte des Wiener Krankenanstaltenverbundes ist indes fix: Nachtdienste werden um ein Drittel reduziert. Kosten für die Stadt: 19,9 Mio. Euro.

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