Stadträtin Ulli Sima: "Will nicht Bürgermeisterin sein"
Seit 16 Jahren ist Ulli Sima in der Stadtregierung und damit die am längsten dienende rote Stadträtin. In der Öffentlichkeit ist sie für unkonventionell-schrille Auftritte bekannt – intern gilt sie als knallharte Machtpolitikerin. Ihr Ressort ist eines der größten und reicht von den Öffis über den Tierschutz bis zur Umwelt.
KURIER: Sie begrünen Wartehäuschen. Birgit Hebein begrünt Straßen. Sie kühlen einen Park ab, Birgit Hebein kühlt Straßen ab. Wer ist die bessere Klimastadträtin?
Ulli Sima: Uns eint, dass wir Wien zur Klimamusterstadt machen wollen. Jede in ihrem Bereich. Sie ist für den Straßenraum zuständig, ich für den ganzen restlichen öffentlichen Raum.
In den vergangenen Monaten hatte man den Eindruck, dass die Zusammenarbeit mit den Grünen, konkret mit der Vizebürgermeisterin, für die SPÖ schwieriger wurde.
Ich kenne das. Ein paar Monate vor der Wahl muss man sich in der Koalition ein bisschen voneinander abgrenzen. Egal, wie gut man vorher zusammenarbeitet. Irgendwo ist der Punkt, an dem sich die Wege gabeln. Spätestens am 12. Oktober ist das erledigt und man kann dann wieder zur normalen Kooperation übergehen – mit wem dann auch immer.
Hebeins Verkehrsmaßnahmen sind umstritten. Würden Sie auf einem Pop-up-Radweg fahren wollen?
Ich bin eine Freizeit-Radlerin. Ich fahre lieber auf der Donauinsel oder entlang der Liesing. Im Verkehr nutze ich die Öffis, insofern kann ich nicht sagen, ob das für einen echten Stadtradler eine gute Alternative ist.
Die Öffis standen rund um Corona im Fokus. Wie groß ist das Minus der Wiener Linien?
Das können wir nicht abschließend sagen, weil wir nicht wissen, wie sich die nächsten Monate entwickeln. Aber es wird ein Minus sein, das ist klar. Wir haben einen Verlust an Einnahmen, weil uns Drei-Tages-Tickets oder Einzelfahrscheine fehlen, die Touristen gelöst haben.
Sind Sie zufrieden mit der Disziplin der Wienerinnen und Wiener, was das Maskentragen anlangt?
Na ja. Wir haben bei den Wiener Linien mit Kontrollen begonnen – aus gutem Grund. Weil die Disziplin im Sommer ein bisschen zu wünschen übrig gelassen hat. Mittlerweile ist es deutlich besser geworden, aber unsere Securitys sind damit beschäftigt zu ermahnen – und notfalls zu strafen.
Ist das Öffi-Netz in Wien so gut ausgebaut, dass man auf das Auto verzichten kann?
Innerstädtisch kommt man überall hin, in den äußeren Bezirken ist noch Bedarf da. Da haben wir mit den Wien-Mobil-Stationen (Standorte für Citybikes, Carsharing, E-Mopeds, Anm.) begonnen. Das wird die Mobilität der Zukunft sein für die letzte Meile nach Hause.
Heißt das, mit der Fertigstellung von U2/U5 ist das Thema U-Bahn-Ausbau erledigt?
Ja, aus Sicht der Wiener Linien ist es damit abgeschlossen. Grundsätzlich wollen wir mit zusätzlichen Straßenbahnlinien weitere Erschließungen machen.
Angesichts dessen hätte der Bürgermeister ja dem Fahrverbot in der Inneren Stadt zustimmen können.
Das war nie ein echtes Fahrverbot. Es gab eine ganze Seite mit Ausnahmen. Gegen eine Verkehrsberuhigung spricht nichts, aber man muss alle Gruppen einbinden. Es bringt nichts, das übers Knie zu brechen und dann kann man das nicht kontrollieren. Wenn man in London in die Congestion-Zone einfährt, ist das ziemlich teuer. Dort sind überall Verkehrskameras, deswegen halten sich alle dran. Wenn da nur eine Tafel steht, wird der Vollzug schwierig. Das hat auch die Polizei angemerkt. Man muss darüber reden, wie man das implementiert, damit das nicht nur ein zahnloser Tafel-Tiger bleibt. Es braucht ein Gesamtkonzept.
Es gibt nur einen Wiener SPÖ-Politiker, der laut unseren Umfragen bekannter ist als Sie: der Bürgermeister. Warum waren Sie im Wahlkampf bisher so ruhig?
Finden Sie? Also ich bemüh’ mich total. Es ist vollkommen klar, dass im Wahlkampf alles auf den Spitzenkandidaten zugeschnitten ist. Ich fokussiere mich auf meinen „Bauchladen“ – Öffis, Klima, Umwelt.
Wäre Wien nicht schon reif für eine Bürgermeisterin?
Wir haben mit Michael Ludwig einen hervorragenden Bürgermeister.
Sie wären nicht gern die erste Bürgermeisterin Wiens?
Nein, wirklich nicht. Sie wissen, dass ich jemand bin, der durchaus polarisiert und gewissen Auseinandersetzungen nicht aus dem Weg geht und da ist man in der zweiten Reihe eindeutig besser aufgehoben.
Nach jeder Wahl hieß es, Sie seien eine Wackelkandidatin. Mittlerweile sind Sie Stadträtin für eh alles. Würde es Sie sehr schmerzen, wenn das Umweltthema nach der Wahl an die Grünen gehen würde?
Nachdem ich mein Ressort schon 16 Jahre mache, habe ich es schon sehr lieb. We cross the bridge when we are there.
Kommentare