Schrill und knallhart: Ulli Sima, die Populismus-Stadträtin
Ulli Sima im Sommerkleid unter Sprühregen. Ulli Sima inmitten einer Schafherde. Ulli Sima mit riesigen Verbotstafeln, zerstörten Spielautomaten oder allerlei Gemüse in Händen.
Egal ob Tierschutz, Märkte oder Öffi-Verkehr - wenn die Stadträtin zum Termin lädt, geht es um eines: um Ulli Sima. Sie hat (nach dem Bürgermeister) die höchsten Bekanntheitswerte in der Stadtregierung, das besagen SPÖ-interne Umfragen.
Keinem im roten Team (außer Michael Ludwig) folgen mehr Menschen auf Facebook.
Vor allem im Internet ist Sima Kult: Fans haben eine eigene Website eingerichtet, die die 51-Jährige in teils skurrilen Situationen beim Halten noch skurrilerer Gegenstände zeigt. Die Fotos sind alle echt.
Sima kann zufrieden sein. Das Konzept geht auf. Ihre Inszenierung ist schrill und laut. Oft ist sie übertrieben. „Sie scheißt sich einfach nix“, sagt man in der Partei über sie.
Eines ist die Inszenierung nie: Zufällig.
Sima mit den 48ern
Sima mit Schild I
Sima mit Schild II
Sima mit Schild III
Sima mit Pflanzen I
Sima mit Pflanzen II
Sima mit Gemüse
Sima in der Schafherde
Sima mit zerstörten Wettautomaten
Sima im Sprühregen
In Zeiten, in denen Selbstdarstellung in der Politik immer wichtiger wird, macht Sima fast alles richtig. „Sie ist eine Marke“, sagt Philipp Ploner, Kommunikations- und Social-Media-Experte.
Er hat für den KURIER Simas Internet-Aufritt analysiert: „Sie beherrscht das Infotainment – Information mit Unterhaltungswert.“
Wer auf Simas Facebook-Seite schaut, „wird früher oder später schmunzeln. Dass eine Brise Humor im Rezept der sozialen Netzwerke auch bei Politiker nicht fehlen darf, hat das Sima verstanden“, sagt Ploner.
Jugendlich, aber nicht peinlich
Sima spiele gekonnt mit Jugendsprache: "Die passende Sprache der Plattform - nicht peinlich oder überzogen eingesetzt - gibt der Stadträtin einen sympathischen Touch", sagt Agenturchef Ploner. Das junge Image will sie auch auf ihre Zuständigkeitsbereiche übertragen – etwa die Wiener Linien.
Ihr Portefeuille kommt ihr dabei entgegen: Die Themen, die Sima verantwortet, sind durchwegs populismustauglich.
Allem voran der Tierschutz, der gut zu ihrem Drall zum Boulevard passt. Auch die Öffis garantieren Quoten. Und Sima hat die MA48, die Müllabfuhr, medientauglich gemacht.
Wenn es ernst wird
Die Stadträtin liefert aber auch ab, wenn es ernst wird. Denn die Öffentlichkeit kennt nur eine Seite von Sima - eine andere nicht: Über Parteigrenzen hinweg und intern gilt sie als beinharter Machtmensch. „Bei Ulli gibt es keine Kompromisse“, heißt es. Sie ist durchsetzungsstark. Andere nennen das „stur“.
Ein Muster, das man kennt: „Sie scheißt sich auch da nix.“
Sima hat das Essverbot in der U-Bahn durchgebracht. Gegen Listenhunde – die Sima konsequent „Kampfhunde“ nennt – und deren Besitzer fährt sie einen harten Kurs und streitet leidenschaftlich mit der FPÖ. Den Beinamen der „Verbotsstadträtin“ trägt sie nicht ganz ohne Stolz.
Einen großen Erfolg feierte Sima vor Jahren in der Hundekot-Debatte. Eine Anekdote, die sie selbst bis heute gern erzählt: Als sie die „Sackerl fürs Gackerl“ wollte, beschied man ihr, parteiintern zu scheitern. „Probier’ es halt“, soll der damalige Bürgermeister Michael Häupl, einer ihrer größten Förderer, gesagt haben. Sie setzte sich durch.
Auch ihr Ressort und die dazugehörigen städtischen Unternehmen führt sie mit strenger Hand. Vom mächtigen Beamtenapparat, der so manch politische Idee zu Fall bringt, lässt sie sich nicht einschüchtern.
Wenn sich „ihre“ Beamten mit Politikern anderer Parteien treffen, ist stets ein Kabinettsmitglied dabei.
Und als sie auf den Märkten verpflichtende Kernöffnungszeiten einführte, ließ sie keine Einwände gelten. Sie wusste: Das Thema kommt bei den Bürgern an. Es eignet sich gut für das nächste Foto.
Für ihre Konsequenz ist sie auch bei der Konkurrenz bekannt. „Ulli Sima hat bewiesen, dass sie sich durchsetzen kann. Leider auch gegen die Anliegen der Wiener – etwa beim Ess-Verbot“, sagt ÖVP-Stadtrat Markus Wölbitsch. „Engagiert“ nennt Grünen-Chefin Birgit Hebein sie.
Die Kärntnerin Sima wurde politisch früh sozialisiert. Ihr Großvater war 1945 Mitbegründer der SPÖ und Kärntner Landeshauptmann. Sie engagierte sich bei ÖH, Grünen und Global 2000, bevor sie 1999 zur SPÖ wechselte.
Längstdienende Stadträtin
In der Partei hat sie nicht nur Freunde. Auch, weil sie vielen „nicht sozialdemokratisch genug“ ist.
Nicht erst einmal soll sich Sima nur knapp vor der Absetzung gerettet haben. Mittlerweile ist sie seit 2004 im Amt – und längstdienende Stadträtin im Team.
Offiziell soll Sima weiter eine wichtige Rolle spielen. Für Ludwig wird sie aber zunehmend zum Problem: Er schärft gerade sein Profil.
Der Wien-Wahlkampf soll auf ihn zugeschnitten sein. Simas One-Woman-Show kann Ludwig da schlecht gebrauchen.
Einschüchtern wird sie sich nicht lassen. Übrigens: Erst unlängst hat Sima dem Bürgermeister beim gemeinsamen Foto-Termin – gerade als die Fotografen abdrückten – einen Korb Bio-Erdäpfel vor die Füße gekippt. Unabsichtlich, natürlich.
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