Neuer Stadthallen-Chef: Viele Baustellen, Unklarheit über Kompetenzen

Die Wiener Stadthalle im 15. Bezirk: Wenn 2026 hier der ESC über die Bühne geht, wird es mit der Ruhe rasch vorbei sein.
Wirklich weit hat es Thomas Waldner nicht zwischen seiner alten Wirkungsstätte und seiner neuen. Der 41-Jährige wechselt am 1. November als Geschäftsführer von „Wien Ticket“ zur Stadthalle – sein bisheriger Arbeitgeber hat die Büros direkt Gegenüber der Halle am gleichen Gelände.
Kein Zufall, sondern auch ein Ausdruck der Verflechtung der Unternehmen. „Wien Ticket“ gehört – wie auch die Stadthalle – zur städtischen Wien Holding und wickelt als einer der zentralen Dienstleister Ticketverkäufe für Events in der Stadthalle ab. Insofern ist Waldner dort auch kein Unbekannter. Die ersten Reaktionen auf den neuen Chef fallen positiv aus: Waldner sei ein Profi – und umgänglich noch dazu, ist zu hören.
Mit der Organisation des Donauinselfests konnte der gebürtige Kärntner schon von 2012 bis 2020 seine Fähigkeiten als Event-Organisator unter Beweis stellen – und seine Nähe zur Wiener SPÖ. Mit Barbara Novak, die ab 2018 als Landesparteisekretärin tätig war, hatte er also damals schon zu tun. Nun machte Novak ihn als zuständige Stadträtin zum Stadthallenchef.

Thomas Waldner ist ab 1. November im Amt.
Die Erwartungen an Waldner sind also hoch. Zugleich erbt er gleich mehrere interne Probleme – und auch die Art seiner Verkündung löste bei so manchem Verunsicherung aus.
Aber der Reihe nach ...
Waldner wird sich den Job mit dem amtierenden Geschäftsführer Matthäus Zelenka teilen, der zugleich auch ein Mitgrund dafür sein dürfte, weshalb es in der Stadthalle ab sofort überhaupt (wieder) eine Doppelspitze gibt.
Wie der KURIER berichtet hat, ist Zelenka bei den Mitarbeitern zunehmend in Misskredit geraten. Auch die Politik schien zuletzt daran zu zweifeln, dass er die Stadthalle gut durch die Song-Contest-Zeit führen wird.

Matthäus Zelenka ist ab 1. November nicht mehr der alleinige Chef der Stadthalle.
Dabei wurde erst 2024 das bis dahin geltende Vier-Augen-Prinzip in der Geschäftsführung abgeschafft. Die Entscheidung wurde, als es damals deshalb medialen Ärger gab, von der Holding-Spitze wortreich begründet: Für einen zweiten Geschäftsführer gebe es einfach „keine Notwendigkeit“, hieß es. Man habe sich aus „strategischen und ökonomischen Gründen“ für Zelenka als Alleingeschäftsführer entschieden.
Weshalb Novak nun – angesichts eines Zwei-Milliarden-Sparpakets in der Stadt – wieder auf eine Doppelspitze setzt, darüber lässt sich vorerst nur spekulieren. Novak bat für die Beantwortung einer diesbezüglichen Anfrage um mehr Zeit.

Finanzstadträtin Barbara Novak will ab sofort höhere Dividenden von der Wien Holding.
Waldner und Zelenka kennen einander jedenfalls gut. Schon bei „Wien Ticket“ folgte Ersterer dem Zweiten als Geschäftsführer nach, als dieser damals zur Stadthalle wechselte. Wie die Zusammenarbeit nun gelingt, wird abzuwarten sein. Nicht zuletzt, weil die Aufgabenverteilung unklar ist.
Zwar gaben Wien Holding und Stadträtin Novak in einer Aussendung am Donnerstag bekannt, welcher Geschäftsführer welche Bereiche verantworten solle. Allein: Die genannte Aufteilung deckt sich nicht mit dem bestehenden Organigramm und der Abteilungsstruktur der Stadthalle, kritisieren Insider. Das sorge für Verunsicherung.
Zwei Beispiele: Während Waldner sich um das Personal kümmern soll, bleibt der Bereich Recht bei Zelenka – aktuell seien die Agenden aber in einer einzigen Abteilung mit einem einzigen Leiter zusammengefasst. Und der Bereich „Veranstaltungskalkulation“, den Waldner laut Aussendung verantworten wird, bestehe gar nicht, heißt es. Er sei längst in der Abteilung Finanzen aufgegangen, für die wiederum Zelenka zuständig ist.
Das lässt zwei Schlüsse zu: Entweder die Stadthalle wird in naher Zukunft organisatorisch grob umgebaut. Oder Zelenka „hat die Holding nicht darüber auf dem Laufenden gehalten, wie wir strukturiert sind“, kritisiert ein Insider.
Welche der beiden Varianten stimmt, lässt sich nicht leicht beantworten. Waldner verweist auf KURIER-Anfrage an die Holding. Er wolle sich erst nach seinem Dienstantritt am 1. November zu Wort melden. Die Holding wiederum ließ die Anfrage bis Redaktionsschluss unbeantwortet.
Klar ist jedenfalls, dass Waldner sich um die Unzufriedenheit in der Belegschaft kümmern soll, die über schlechte Arbeitsbedingungen und den „Kontrollwahn“ des Chefs berichten. (So soll Zelenka etwa angeordnet haben, dass es Mitarbeitern verboten sei, die Türen zu ihren Büros zu schließen oder die Temperatur der Heizkörper zu ändern.)
Pikant ist auch die Rolle von Prokuristin Denise Fürhacker, die als enge Vertraute von Zelenka mit im Zentrum der Kritik steht. Die Prokura erhielt sie nach internen Widerständen offenbar erst im zweiten Anlauf. Und auch das Verhältnis zu Waldner soll getrübt sein. Fürhacker werkte mit Zelenka zuvor bei „Wien Ticket“ und war 2022 für die Übergabe an Waldner zuständig – und diese soll, wie man hört, alles andere als reibungslos verlaufen sein.
Fürhacker dürfte zudem wenig erfreut sein, dass Waldner nun (auf Wunsch Novaks) der neue Verantwortliche für die Organisation des Song Contests ist. Zelenka hatte – so hört man – Fürhacker eigentlich bereits die ESC-Agenden übertragen, bevor er von seiner eigenen Entmachtung erfuhr. Waldner wird diplomatisches Geschick benötigen.
Auch finanziell muss sich die Geschäftsführung wohl Gedanken machen. Novak erwartet sich von Wien Holding (und Stadtwerken) dieses Jahr Dividenden in Höhe von 65 Millionen Euro. Zudem müsse man über die Zukunft „stark subventionierter“ Unternehmungen der Holding – etwa die Vereinigten Bühnen Wien – „diskutieren“, ist aus der Stadt zu hören. Hier werden also die Daumenschrauben angezogen.
Stadthalle macht Verluste
Der Betrieb der Stadthalle selbst ist derzeit ein Verlustgeschäft: Für das Jahr 2024 wies sie einen Jahresfehlbetrag in der Höhe von 4,8 Millionen Euro aus. Nur durch die Auflösung von Kapitalrücklagen schaffte man in der Bilanz eine schwarze Null. Welche Subventionen oder sonstigen finanziellen Zuwendungen die Stadthalle von der Stadt derzeit erhält, war für den KURIER nicht zu erfahren. Eine Antwort ist ausständig.
Dass die Stadthalle überhaupt im Fokus der ESC-Vorbereitungen steht, liegt daran, dass die seit Jahren angekündigte Multifunktionshalle in St. Marx – die „Wien Holding Arena“ – bis heute nicht gebaut ist.

Die „Arena“ im 3. Bezirk soll – wenn sie je Realität wird – ab 2030 die Stadthalle ablösen.
Die moderne Arena mit Platz für 20.000 Besucher hätte 2024 fertig werden sollen und wäre logischer Austragungsort für den ESC gewesen. Bis jetzt ist der Spatenstich nicht erfolgt, sie soll nun 2030 eröffnen. Betreiber wird das private Unternehmen CTS Eventim sein.
Was dann mit der Stadthalle passiert, ist bis heute unklar. Ein Nachnutzungskonzept fehlt seit Jahren. Dass Eventim die 140 Mitarbeiter der Stadthalle übernimmt, gilt aber als ausgeschlossen.
Zumindest innerhalb der Stadthalle gibt es jemanden, der sich laut jüngster Presseaussendung um ein Nachnutzungskonzept kümmern soll. Es ist Matthäus Zelenka.
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