SPÖ-Wahlkampf-Finale: "Ein Gang auf rohen Eiern"
„Unser Wien in besten Händen“, lautet die Devise, mit der die SPÖ in die Wahlkampf-Schlussoffensive gehen will. Wie sich schon in den vergangenen Wochen abgezeichnet hat, ist die Kampagne ganz auf Bürgermeister Michael Ludwig abgestimmt, der sich zuletzt laut Umfragen beachtlicher Beliebtheitswerte erfreuen konnte.
Für die Schlussphase schickt die SPÖ noch einen weiteren prominenten Unterstützer ins Rennen: Dagmar Koller, Sängerin und Frau von Ludwigs verstorbenem Vorvorgänger, Helmut Zilk. „Michael Ludwig führt mit Liebe dieses schwierige Amt“, sagt sie.
Einer der Themenschwerpunkte der verbleibenden zwei Wochen ist der Kampf gegen die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise. Allerdings war es gerade die Pandemie, die den bisher so glatt laufenden Wahlkampf der Wiener Roten – mit Umfrage-Werten von mehr als 40 Prozent – ins Stottern brachte: Beträchtlich steigende Fallzahlen in Wien, Reisewarnungen aus dem Ausland und nicht zuletzt das Chaos in Schulen und bei den Testungen ließen zuletzt die Frage immer lauter werden, ob die Stadtregierung Corona noch im Griff hat.
Verstärkt wurde der Eindruck durch die widersprüchlichen Botschaften, die SPÖ-Gesundheitsstadtrat Peter Hacker ausschickte: Erst kritisierte er, dass für Wien die Corona-Ampel auf Gelb gestellt wurde, dann forderte er die Farbe Orange.
Droht also der Wiener SPÖ der schon so sicher geglaubte Wahltriumph wegen der jüngsten Eigenfehler im Corona-Management zu entgleiten?
In der Partei gibt man sich entspannt: Es gebe keine Hinweise auf Einbußen in den Umfragen, andere Städte und Regionen stünden bei den Infektionszahlen ähnlich da, doch die ÖVP würde mit dem Finger immer nur auf Wien zeigen, beteuert ein Funktionär.
Kratzer drohen
Politik-Berater Thomas Hofer will den Roten diese nach außen getragene Lockerheit nicht so recht abkaufen: „Viele Wähler entscheiden sich erst in den letzten zwei, drei Wochen vor der Wahl. Wenn bis zum Wahltag die Infektionszahlen noch stark steigen, kann das schon zu einem Problem für die SPÖ werden. Das Image des erfolgreichen Krisenmanagers, das lange Zeit zu Recht bestand, könnte Kratzer bekommen“, betont der Experte.
Das Worst-Case-Szenario wäre, dass durch das Virus eine sichere Abhaltung der Wahl beeinträchtigt würde – auch wenn die SPÖ zuletzt viel Energie investiert hat, ihren Anhängern die Briefwahl schmackhaft zu machen.
Wenig Alternativen
Laut Hofer gibt es aber zwei Faktoren, die der SPÖ in dieser heiklen Situation wieder zugutekommen: Wer sich wegen der Corona-Pannen von der SPÖ abwendet, hat wenig Wahl-Alternativen. ÖVP und Grüne hätten sich auf Bundesebene im Krisenmanagement zuletzt auch schwere Schnitzer erlaubt, FPÖ und Team HC Strache wären in diesem Themenbereich ohnehin nicht glaubwürdig.
Hinzu kommt: Die wirklich massiven wirtschaftlichen Auswirkungen der Krise würden wohl erst in ein paar Monaten bei der breiten Masse ankommen.
Mächtig in die Defensive gedrängt, versuchten Ludwig und sein Team zuletzt wieder die Initiative an sich zu reißen. Etwa mit dem Schul-Paket und der Registrierungspflicht. „Dafür erntet man aber wieder Kritik aus der Gastronomie“, gibt Hofer zu bedenken. „Es ist für die SPÖ wie ein Gang auf rohen Eiern.“
Josef Gebhard
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