Vielversprechender Start
Begonnen hatte alles mit vielversprechender Bundesländer-übergreifender Einigkeit. Anfang 2022 waren Wiens roter Bürgermeister Michael Ludwig und eben Ulli Sima gemeinsam mit Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und dem damaligen Verkehrslandesrat Ludwig Schleritzko (beide ÖVP) vor die Presse getreten, um ihren Pakt bezüglich grenzüberschreitender Öffis zu besiegeln. Als erstes Vorzeigeprojekt wurde die Linie 72 präsentiert, deren „Inbetriebnahme im Idealfall bereits 2025 erfolgen soll“.
Ein Termin, der rein theoretisch noch haltbar ist, wenn man jetzt schnell beginne zu bauen, sagt Sima. „Das geht ratzfatz und braucht nur ein paar Monate.“
Der Bund, konkret das Klimaschutzministerium unter Leonore Gewessler (Grüne), stand – und steht nach wie vor – für eine Mitfinanzierung des Vorhabens bereit. Eine entsprechende Absichtserklärung wurde Monate vor besagter Pressekonferenz von Mikl-Leitner, Ludwig und Gewessler unterzeichnet. Der sogenannte „Letter of intent“ vom September 2021 liegt dem KURIER vor.
Rot, Türkis und Grün in einem Boot, angereichert mit dem Segen der zwei mächtigen Landeschefs Mikl-Leitner und Ludwig: Es klang nach einem Projekt, bei dem eigentlich nichts schiefgehen kann. Doch dann kam das liebe Geld ins Spiel.
Bereits vergangenes Jahr kamen Unstimmigkeiten zwischen den Bundesländern ans Licht. Der Streitpunkt: Bei der angedachten Förderschiene für Regionalstadtbahnen wird nur die Errichtung mit 50 Prozent gefördert, der laufende Betrieb müsste aber komplett von den Ländern gestemmt werden.
Zuständigkeiten
„Das Projekt wird vom Land NÖ weiterhin verfolgt, eine ausreichende Finanzierung durch den Bund ist aber entscheidend für die weitere Vorgehensweise“, hieß es damals aus dem Büro Schleritzko, um Druck für eine Betriebsförderung aufzubauen. In Wien beurteilt man die Lage anders. Sima spricht von einem „ungewöhnlich großzügigen Angebot des Bundes, wahrscheinlich das beste, das wir jemals bekommen werden“. Sie empfinde es als fahrlässig, dieses nicht anzunehmen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Verkehrsagenden nach den Landtagswahlen in Niederösterreich im vergangenen Jahr von der ÖVP zur FPÖ gewandert sind – eben in den Verantwortungsbereich von Udo Landbauer. Abgeneigt dürfte man dort allerdings auch nicht sein: „Unser erklärtes Ziel ist es, das Projekt weiter zu verfolgen und die besten Lösungen für unsere Pendler, Schüler und Familien auf Schiene zu bringen.“
Zumindest in diesem Punkt dürfte man mit der Wiener SPÖ auf einer Wellenlänge sein. Auch im Sima-Büro verweist man darauf, dass man mit „Stadt-Regio-Bahnen“ Pendler vermehrt vom Auto in die Öffis bekommen wolle. Und das wolle man schnell. „Die Zeit läuft“, sagt Sima – auch im Hinblick auf die kommende Nationalratswahl. Schließlich könnten sich dann auch auf Bundesebene die Verkehrs-Zuständigkeiten ändern.
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