Bim zwischen Wien und Schwechat: Strecke fixiert, Finanzierung offen

Symbolbild.
Die neue Straßenbahn-Linie soll ab 2025 unterwegs sein. Eine Hürde haben Wien und Niederösterreich davor aber noch zu nehmen.

Ein lange gehegtes verkehrspolitisches Vorhaben nimmt konkrete Formen an. Die Planungen für die Straßenbahnlinie 72 sind weitgehend abgeschlossen. Das Besondere an ihr: Sie wird von der U3-Station Simmering  zum Europaplatz in Schwechat fahren. (Den Flughafen steuert sie nicht an). Dadurch werden Wien und Niederösterreich durch eine Bim verbunden.

Um diesen Fortschritt und Details zu verkünden, traten Bürgermeister Michael Ludwig und Verkehrsstadträtin Ulli Sima (beide SPÖ) sowie Landeshauptfrau Johanna   Mikl-Leitner und Verkehrslandesrat Ludwig Schleritzko (beide ÖVP) am Freitag vor die Presse. 

Insgesamt soll die neue Bim-Route 6,4 Kilometer lang sein, hieß es.  Neu gebaut werden 2,75 Kilometer – 1,75 Kilometer davon in Niederösterreich. Damit die Bim nicht im Stau steht, ist ein eigenständiger, teils begrünter Gleiskörper geplant. Die restliche Strecke verläuft auf bestehenden Schienen. 

Bim zwischen Wien und Schwechat: Strecke fixiert, Finanzierung offen

Im Einzugsgebiet würden bis zu 20.000 potenzielle Bim-Nutzer leben, wurde vorgerechnet. Ab 2025 soll ihnen die neue Linie zur Verfügung stehen. 

Vorbild Badner Bahn

Davor müssen Wien und Niederösterreich aber noch eine Hürde nehmen: den Bund. Von diesem wollen die beiden Bundesländer Geld für ihr Vorhaben. Angedacht sei eine Finanzierung wie bei der Badner Bahn, so Sima. Dabei  teilen sich der Bund, Wien und Niederösterreich die Kosten für Infrastruktur und Betrieb.

Die Zeichen, dass dies auch beim 72er kommt, stehen gut. Die grüne Verkehrsministerin Leonore Gewessler, zu der Ludwig und Mikl-Leitner wegen des Lobautunnel-Stopps momentan nicht das beste Verhältnis haben, lobte die Bim als „den richtigen Ansatz für moderne Mobilität“.

Einigkeit der Landeschefs: Es liegt keine Alternativ zum Lobautunnel vor

Sie werde das Projekt „nach Kräften unterstützen“, so Gewessler. 

Endstation Rannersdorf

Noch unklar ist, ob  Schwechat die Endstation des 72ers bleibt. Vor der Wien-Wahl 2020, als die  neue Linie zuletzt ein großes Thema war, stand eine Verlängerung bis Rannersdorf im Raum – der KURIER berichtete.

Diese Option werde geprüft, so Sima. Auf dem Tapet waren damals auch zwei weitere Bim-Linien nach Niederösterreich. Jene nach Groß-Enzersdorf  könne erst gebaut werden, wenn die Stadtstraße fertig sei, hieß es. Und jene nach Kaltenleutgeben werde gerade geplant.

Straßenbahn nach Schwechat schon 2025 in Betrieb?

Ludwig und Mikl-Leitner versprechen sich von derartigen Projekten, dass mehr der täglich 300.000 Pendler aus dem Umland nach Wien auf Öffis umsteigen. Das sei ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz, betonte  Ludwig.

1.400 Parkplätze

Mit der Ausweitung des Parkpickerls auf ganz Wien am 1. März dürfte diese Lenkung bereits zu einem gewissen Grad gelungen sein. Die Fahrgastzahlen auf den Öffi-Verbindungen von und nach Wien seien um fünf bis zehn Prozent gestiegen, so Landesrat Schleritzko. 

Für all jene, die mit dem Auto zu den Öffi-Stationen fahren, wird es übrigens bald mehr Park-&-Ride-Plätze geben. Wien und Niederösterreich finanzieren bis 2023 gemeinsam rund 1.400 weitere Stellplätze um die Stadt.

"Lieb gemeint"

Die Reaktionen auf die neue Bim fielen großteils positiv aus. Helga Krismer, Landessprecherin der niederösterreichische Grünen, begrüßte „die umfassende Prüfung der klima- und verkehrspolitisch höchst angebrachten Forderung, die Straßenbahn wieder nach Schwechat zu verlängern“. Die Bewertung und Fertigstellung des Bauprojektes dürfe jedoch „auf keinen Fall bis zum Sankt-Nimmerleinstag dauern“.

„Die Straßenbahn nach Schwechat ist eine jahrelange grüne Forderung. Endlich wurde diese Schallmauer der Landesgrenze zwischen Wien und Niederösterreich durchbrochen“, freute sich auch der Mobilitätssprecher der Grünen in Wien, Kilian Stark.

Der FPÖ-Verkehrssprecher im Wiener Rathaus, Anton Mahdalik, kommentierte die Ankündigung mit „lieb gemeint“. Sie gehe aber an der Lebensrealität einmal mehr komplett vorbei, befand er in einer Aussendung. Sinnvoller wäre der Ausbau der U3 nach Schwechat.

„Die Zusammenarbeit von Wien und Niederösterreich im Verkehrsbereich ist klar zu begrüßen“, konstatierte auch die Verkehrssprecherin der Wiener ÖVP, Elisabeth Olischar. Verkehrspolitik dürfe nicht an der Stadtgrenze enden. Die Volkspartei habe eine Verlängerung der öffentlichen Verkehrsmittel über die Stadtgrenze hinaus „seit Ewigkeiten“ gefordert.

Die SPÖ NÖ begrüßte das Projekt und sah es als ersten Schritt eines umfassenden Ausbaus der Verkehrsinfrastruktur in Niederösterreich. „Endlich tut sich etwas. Das geplante Projekt muss jetzt unser Wegweiser sein und darf erst der Anfang von einer Vielzahl solcher Projekte sein“, teilte der Verkehrssprecher der SPÖ NÖ, Gerhard Razborcan, in einer Aussendung mit.

"Guter Tag für Pendler"

Die Wiener Wirtschaftskammer sprach von einem „guten Tag“ für Pendler. Sowohl Politik als auch Interessensvertretungen würden an einem Strang ziehen, weil man ein leistungsstarkes, modernes und effizientes Verkehrsangebot schaffen wolle, wurde betont.

Schon vor 20 Jahren habe eine Bürgerinitiative die Straßenbahnverlängerung gefordert, betonte der Projektinitiator von „Bring our Bim back“ und früherer Schwechater Grünen-Gemeinderat Manfred Smetana. 2009 habe eine entsprechende Petition über 1.000 Unterstützungserklärungen erhalten. Smetana sprach in einer Aussendung von einem „großartigen Projekt“: „Viele Menschen, die Wirtschaft und die Umwelt werden davon profitieren.“

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