Wo Mädchen lernen, wie man richtig auf die Nase haut

Selbstverteidigungskurs im Gymnasium Wenzgasse 7
Mädchen lernen in zehn Wiener Schulen Selbstverteidigung. Das Training zahlen Stadt und Bund.

"Ja, jetzt traue ich mir zu, dass ich einen Angreifer abhalten kann, mir etwas anzutun", sagt Lise Eichmair, 16, selbstbewusst. Dann tritt die junge Dame einen Schritt zurück, geht kurz in Position und schlägt ansatzlos mit dem rechten Fuß auf den Trainings-Polster, den ihre Klassenkameradin Franziska fest vor ihrem Oberkörper hält. Dieser Schlag hat jedenfalls gesessen.

Wo Mädchen lernen, wie man richtig auf die Nase haut
Der Selbstverteidigungskurs des BKA wird wohl ohne Körperkontakt auskommen: Mädchen sollen lernen mit Hate Speech umzugehen
Im großen Turnsaal des Bundesreal- und wirtschaftskundlichen Gymnasiums in Wien-Hietzing ist das Engagement der Mädchen spür- und hörbar. In den Bewegungen steckt richtig Kraft. Das Auge sucht sich die verwundbarsten Stellen des imaginären Aggressors. Koordination und Schnelligkeit passen gut zueinander. Das wachsende Selbstvertrauen gepaart mit punktgenauen Treffern zeigt den Teilnehmerinnen, dass Übung eben doch den Meister macht. Die Mädchen, im Saal auf mehrere Gruppen verteilt, sind voll bei der Sache.

Kein leichtes Spiel

Dem durchaus beeindruckten Beobachter wird der Eindruck vermittelt, dass Grapscher oder gar ein Vergewaltiger kein leichtes Spiel haben würden. "Und sollten wir jemals in die heikle Situation eines Übergriffes kommen, dann wehren wir uns nicht nur, sondern kreischen auch noch was die Stimmbänder hergeben", wissen die Freundinnen Lise und Franziska. Beide erklärten aber auch, dass sie, vor allem am abendlichen Weg nach Hause, häufiger "den Gedanken eines Überfalls im Hinterkopf haben. Wir sind aufmerksamer und sensibler geworden".

Wo Mädchen lernen, wie man richtig auf die Nase haut
Selbstverteidigungskurs im Gymnasium Wenzgasse 7, Wien am 18.01.2016.
Bis dato nehmen zehn Wiener Schulen mit 250 Mädchen an den Selbstverteidigungskursen teil. Zielgruppe sind Schülerinnen zwischen zehn und 18 Jahren. Die professionellen Trainer werden vom Bund und der Stadt Wien finanziert. "Sie bekamen Verträge wie herkömmliche Lehrer. Das freut uns sehr. Fünf weiter Schulen haben sich bereits für das neue Projekt angemeldet. Wir bräuchten noch Trainer", erklärt Organisator Michael Jahn, ehemaliger Direktor im Oberstufenrealgymnasium Hegelgasse.
Wo Mädchen lernen, wie man richtig auf die Nase haut
Selbstverteidigungskurs im Gymnasium Wenzgasse 7, Wien am 18.01.2016.
Sein Sohn Lukas, Staatsmeister in Jiu-jitsu und Elisabeth Thurner, ausgebildete Selbstverteidigungs-Trainerin teilen die sechs bis acht Doppeleinheiten dauernde Ausbildung in fünf Module: Theoretische Einweisung (Prävention, Notwehr/Notwehrüberschreitung, Grundkurs über Waffen), Fallschule (richtiges Niederfallen will gelernt sein), Selbstsicherheit stärken (Körpersprache, Wahrnehmung), Umgang mit Gewalt und Aggression (Reaktionsmöglichkeiten) sowie einfache, aber effektive Selbstverteidigungs-Techniken. Jahn: "Wir zeigen den Mädchen auch einige Nervendruckpunkte. Wird man richtig getroffen, schmerzt das sehr. In 80 Prozent der versuchten Übergriffe flüchten Täter aber bereits, wenn sie erkennen, dass ihr Opfer keine leichte Beute ist."

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