Selbstversuch: Warum Bodybuilding keine Männersache ist

Selbstversuch: Warum Bodybuilding keine Männersache ist
Seit zwei Monaten stemmt ein KURIER-Redakteur unter Profi-Anleitung Gewichte. Die Muskeln wachsen. Aber können Frauen vom Kraftsport genauso profitieren? Bodybuilderin Kira Baumgartner ist überzeugt davon.

Donnerstag, 20 Uhr, der Freihantelbereich einer Wiener Fitnessstudiokette. Fünf Personen schwitzen an diesem Abend vor dem Spiegel. Ein Mann Mitte 30 stöhnt so laut, dass es trotz Hintergrundmusik schwer ist, sich auf das eigene Training zu konzentrieren. Daneben zwei Jugendliche, einer oben ohne – er präsentiert seine Bauchmuskeln. Sein Freund macht Fotos. Nur eine Frau ist unter den Anwesenden. Mit Tunnelblick starrt sie geradeaus, während sie die Hanteln hebt und senkt. Augenblicke zuvor wurde ihr – trotz Kopfhörer – vom „Stöhner“ die „richtige“ Übungsausführung erklärt.

Nach rund 40 Trainingseinheiten unter Anleitung von Bodybuilding-Weltmeister Klaus Drescher ist klar, Situationen, in denen sich Frauen im Fitnessstudio unwohl fühlen, sind keine Seltenheit.

Eine, die das am eigenen Leib erfahren hat, ist Kira Baumgartner: „Ich hab’ anfangs nur im Damenbereich trainiert und als ich mich rausgetraut hab’, wurde mir ungefragt die Meinung aufgedrückt.“ Das sei schade, denn Frauen könnten vom Kraftsport genauso profitieren wie Männer und vor allem zu Beginn rasch Muskeln aufbauen.

Selbstversuch: Warum Bodybuilding keine Männersache ist

Die Bodybuilderin Baumgartner trainierte am Mittwoch mit zwei KURIER-Redakteuren   

Mit unerwünschten Kommentaren ist die 25-Jährige heute kaum mehr konfrontiert. Sie baute rasch Muskeln auf und steht mittlerweile bei Bodybuilding-Wettkämpfen auf der Bühne.

Die 1,72 Meter große Sportlerin, die es auf ein Wettkampfgewicht von 59 Kilo bringt, weiß aber, dass Bodybuilding, so wie sie es betreibt, nicht nur gesund ist. „Es ist schwierig, wenn man vor dem Wettkampf so stark abnimmt, dass man jeden Muskel sieht und danach in kürzester Zeit wieder zweistellig zulegt.“

Gesunder Mittelweg

Vier Monate nach ihrem letzten Wettkampf wiegt die Wienerin 25 Kilo mehr als im Oktober des Vorjahres. Durch den starken Fettverlust blieb vorübergehend ihre Periode aus. Ein Schicksal, das viele Bodybuilderinnen ereilt. Mit ihrem Bühnengewicht habe sie sich zudem unwohl gefühlt: „Ich war abgemagert.“ Sie sei sogar einmal scherzhaft gefragt worden, ob sie am Bein einen Tumor habe, weil jede Muskelfaser zum Vorschein kam.

Anna Strobl und Matthias Strohmayer

Redakteurin Anna Strobl bei einer Rückenübung

Baumgartner brachte ihren Körper an die Grenze – erste Plätze auf Bodybuilding-Bühnen waren die Belohnung.

Mr. Universe und Fitnesstrainer Klaus Drescher betont dennoch, dass die Vorteile des Krafttrainings für Hobbysportlerinnen überwiegen. Fettverbrennung, eine bessere Haltung, Endorphinausschüttung oder Osteoporose- und Arthroseprävention seien positive Folgen. Auch die Angst vieler Frauen vor zu vielen Muskeln sei unbegründet: „Krafttraining macht Frauen nicht zum Hulk, hilft ihnen aber, einen starken, straffen Körper zu formen.“

Baumgartner stimmt zu: „Dieses Zu-muskulös-Werden, ist ein süßer Irrglaube. Wir rackern uns ab, damit wir so ausschauen.“

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