Bodybuilding-Selbstversuch: „Fleisch macht Fleisch“

Spätestens, wenn einen beim Stiegenaufgang zur U-Bahn die ältere Dame mitleidig anschaut und dann zum Überholen ansetzt, während man sich im Schneckentempo mit schmerzverzerrtem Gesicht empor schleppt, wird klar: Das Leben als Bodybuilder ist kein leichtes.
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Laut dem amtierenden „Mr. Universe“, dem Kärntner Klaus Drescher, soll das nach einem „ordentlichen Beintraining“ aber so sein.

Profi-Bodybuilder Klaus Drescher (links) und KURIER-Redakteur Markus Strohmayer
Genaugenommen prophezeite es der 110-Kilo-Mann am Abend davor sogar. „Du wirst morgen ‚Spotzn‘ (Muskelkater, Anm.) haben und jetzt weiter!“, brüllte er durch die Kraftkammer, ehe er dicke Hantelscheiben auf die Stange steckte, um die nächste Runde Kniebeugen einzuläuten.
Bürokollegen haben keine Freunde mit dem Ernährungsplan
Genauso wichtig wie das Training ist dem Profi-Bodybuilder zufolge die Ernährung – und diese ist im aktuellen Selbsttest vor allem eines: eiweißhaltig. Nicht immer zur Freude der Kollegen im Büro, deren Begeisterung sich in Grenzen hält, wenn nach dem Hühnchen mit Reis zu Mittag später als „Nachmittagssnack“ direkt am Platz der geruchsintensive Thunfischsalat verzehrt wird.
Training
Ein Bodybuilder ist immer bereit. Um vier Trainings pro Woche unterzubringen, muss die Sporttasche stets dabei sein. Trainiert wird auch nach langen Arbeitstagen, selbst wenn die Motivation schwächelt
Ernährung
Ein Bodybuilder bereitet sich vor. Im Fachjargon heißt das „Meal Prepping“. Es wird dabei für mehrere Tage vorgekocht. Für den Probanden (1,96 m, 105 Kilo) braucht es rund 3.000 Kalorien pro Tag, um das Ziel zu erreichen – und unzählige Besuche im Supermarkt
„Protein ist das Baumaterial des Muskels, und Fleisch macht eben Fleisch“, bringt Drescher es mit Augenzwinkern auf den Punkt. Er selbst sei gar nicht so ein „Fleischtiger“ und habe auch schon Veganer gecoacht. Aber: Wer schnell Muskeln aufbauen wolle, müsse dementsprechend essen. Fünf Kilo Muskeln in vier Monaten draufzupacken, hält er bei einem Büromenschen für realistisch. Vorausgesetzt, Trainings- und Ernährungsplan werden eingehalten – was in der Praxis nicht immer einfach ist. Täglich stehen neben Reis, Haferflocken, Gemüse, Obst und Proteinshakes in rauen Mengen knapp 500 Gramm Fleisch am Speiseplan. In Summe rund 3.000 Kalorien.
Schadet so viel Eiweiß den Nieren?
„Ist das noch gesund und schadet so viel Eiweiß nicht den Nieren?“, lauten häufige Bedenken. Sport- und Ernährungsmediziner Robert Fritz betont jedoch, dass eine derart eiweißhaltige Ernährung prinzipiell unproblematisch ist: „Die meisten Sportler konsumieren sogar zu wenig Protein. Auf Dauer würde ich das tierische Eiweiß aber reduzieren und durch pflanzliches ergänzen.“ Hülsenfrüchte seien eine ideale Quelle. Auch die „Spotzn“ nach dem „Pumpen“ hält er für unbedenklich: „Die meisten Menschen sollten ihre Muskeln viel mehr fordern, da darf es beim oder nach dem Training schon einmal brennen.“

Die Oberarme des KURIER-Reporters (rechts) haben um 1,5 Zentimeter Umfang zugelegt.
Seit Ende November schwitzt der KURIER mit dem „Mr. Universum“. Nach einem anfänglichen coronabedingten Rückschlag sind bereits erste Fortschritte zu erkennen. Die Oberarme des KURIER-Reporters (oben im Bild) haben um 1,5 Zentimeter Umfang zugelegt – auch wenn das neben dem „Ärmel“ des „Mr. Universe“, der problemlos als Oberschenkel durchgehen könnte, nicht so auffällt.
Muskelaufbau und Fettverlust
Gleichzeitig ist der Taillenumfang um fünf Zentimeter geschrumpft, das Körpergewicht aber gleich geblieben. „Muskelaufbau und Fettverlust sind parallel möglich“, sieht sich Drescher bestätigt.

Wichtiger als Muskeln und Fett sei aber, auf den Körper zu hören, findet der Profisportler. Deshalb wurde nach der Covid-Erkrankung eine 14-tägige Pause verordnet. Der richtige Schritt, bestätigt Sportkardiologe Jürgen Scharhag vom Österreichischen Institut für Sportmedizin: „Diesen Zeitraum empfehle ich auch nach grippalen Infekten.“
Ein leichter Erkrankungsverlauf
Für Kraft- und Ausdauersport gelte folgende Faustregel: Sobald im Alltag keine Einschränkungen mehr verspürt werden, kann langsam wieder trainiert werden. „Ein Arztbesuch nach unkomplizierter Covid-Erkrankung ist nur notwendig, wenn man sich in den Wochen danach weiter schlapp fühlt“, erklärt der Mediziner. Dann könnten neben den Atemwegen weitere Organe betroffen sein.
Im konkreten Fall handelte es sich um einen leichten Verlauf, sodass die sportliche Leistung kaum litt. Nicht leicht werden jedoch die verbleibenden Monate, verspricht Drescher: „Die verlorenen Wochen werden wir aufholen!“
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