Roter Showdown: Ludwig oder Schieder?
Andreas Schieder oder Michael Ludwig – Samstagnachmittag wird feststehen, wer Michael Häupl nach fast 25 Jahren als Wiener SPÖ-Chef ablösen und ihm in weiterer Folge auch als Bürgermeister nachfolgen wird.
Am Vorabend des entscheidenden Landesparteitags im Messezentrum meldet sich nun ein weiterer prominenter Sozialdemokrat mit seinen Präferenzen zu Wort: "Wer neuer Parteichef wird, werden die Delegierten entscheiden, aber es sollte jemand mit hinreichender kommunalpolitischer Erfahrung sein", sagt der frühere Finanzminister Hannes Androsch zum KURIER. "Er soll auch nicht belastet sein durch die zurückgelassenen Probleme in den Wiener Spitälern, etwa beim Krankenhaus Nord." Ein Seitenhieb auf Schieder und seine Lebensgefährtin Sonja Wehsely, die als zuständige Gesundheitsstadträtin massiv unter Beschuss stand, ehe sie Anfang des Vorjahres das Handtuch warf und die Politik verließ.
Noch ein Punkt ist Androsch wichtig: Für ihn ist jener Kandidat geeigneter, der sich "nicht als Hohepriester des Antifaschismus aufspielt. Denn Antifaschisten sind wir alle", sagt der ehemalige rote Spitzenpolitiker. Androsch erwartet sich vom neuen Parteichef und Bürgermeister "zeitgemäße und moderne Konzepte für die Probleme, die es in Wien gibt. Besonders für die Flächenbezirke, wo ein Großteil der Zuwanderer beheimatet ist." Letzteres lässt sich als weitere Wahlempfehlung für Ludwig lesen, der ja als Favorit vieler Genossen in den größeren Bezirken gilt.
Die wichtigsten Fragen und Antworten zur heutigen Entscheidung:
- Wie setzen sich die Delegierten zusammen?
Den Löwenanteil machen mit 600 Delegierten die Vertreter der Bezirke aus. 157 Abgesandte stellt der Wiener Ausschuss, in dem unter anderem die Parteispitze, die Gemeinderäte und die Bezirksvorsteher vertreten sind. 204 Delegierte stammen von rund 30 roten Organisationen, wovon alleine die Gewerkschaft 120 Vertreter stellt. Bis auf Genossen, die aus triftigen Gründen verhindert sind, bleibt diesmal der Delegiertenkreis im Vergleich zum letzten Parteitag im April 2017 weitgehend unverändert. So sieht es die Regelung des Parteistatuts für außerordentliche Parteitage vor. Wie viele Stimmberechtigte tatsächlich anwesend sein werden und welche Ersatzdelegierte im Vergleich zu 2017 neu dabei sein werden, wird erst am Samstag Vormittag klar sein, sagt eine Sprecherin der Landespartei.
- Wie sieht das Kräfteverhältnis aus?
Ludwig zählt auf die Stimmen der Flächenbezirke (z. B. Floridsdorf, Donaustadt), die verhältnismäßig viele Delegierte stellen. Auch die Vertreter der Gewerkschaft dürften mehrheitlich hinter ihm stehen. Schieder setzt wiederum auf die Delegierten des Wiener Ausschusses.
- Wie läuft der Parteitag ab?
Nach den Eröffnungsreden von Häupl und Bundesparteichef Christian Kern halten Schieder und Ludwig ein kurzes Referat, danach folgt eine Diskussion der Delegierten. Für jeden, der sich zu Wort meldet, ist die Redezeit auf drei Minuten beschränkt. So soll verhindert werden, dass sich die Debatte endlos in die Länge zieht. Anschließend gibt es noch Statements der beiden Kandidaten, bevor die geheime Wahl startet. Nach Verkündigung des Ergebnisses hält der neue Parteichef seine erste Rede, schließlich folgt die Verabschiedung von Michael Häupl als Parteichef.
- Wann erfolgt die Bürgermeister-Amtsübergabe?
Geht es nach Häupl, dürfte sie bei der Sitzung des Gemeinderats am 24. Mai erfolgen, nach der Landeshauptleute-Konferenz, deren Vorsitzender er derzeit ist. Egal ob der neue Stadtchef Schieder oder Ludwig heißt – der Wechsel wird auch zu umfassenden personellen Änderungen im SPÖ-Regierungsteam führen.
Rennen um Häupl-Nachfolge
Wer wird neuer Vorsitzender der Wiener SPÖ? Diese Frage wird erst heute, Samstag, beim Landesparteitag entschieden. Dennoch wollte die Landespartei vorsorgen und entwarf Sujets für die Info-Schaukästen an den Bushaltestellen. Wie die Kronen Zeitung berichtete, waren bereits mehr als 2700 Plakate gedruckt, die Andreas Schieder als Vorsitzenden der Wiener SPÖ zeigen.
Sein Konkurrent Michael Ludwig sagte die Plakatwelle jedoch während der Produktion ab, er wolle dem Ergebnis nicht vorgreifen: "Aus Respekt vor den Delegierten und Mitgliedern der SPÖ Wien habe ich entschieden, der Vorgehensweise der Landespartei nicht zuzustimmen."
Da die Partei aus Zeitgründen bereits die Druckerei mit dem Druck beauftragte, mussten auch die Schieder-Plakate eingestampft werden. "Mit einem muss die Druckerei ja anfangen", rechtfertigte Parteisekretärin Sybille Straubinger den Auftrag. Zumindest finanziell hielt sich der Aufwand in Grenzen. Laut KURIER-Recherchen machen die Druckkosten für diese Stückzahl in der Plakatgröße A2 weniger als 1000 Euro aus.
Kommentare