Dass sich Wien hier als Vorreiter zeigt, wundert Loibl übrigens nicht. Der Vinyl-Lifestyle komme den Wienern entgegen, sagt er. „Er ist das akustische Gegenteil von Fast Food“, sagt er. „Es ist eben ein Genuss-Lebensstil“, so Loibl.
Bei allen neuen Konzepten ist in Wien auch die Auswahl an ganz klassischen Plattenläden groß. Es gibt etwa das Substance (7., Westbahnstraße 16), das heuer 20-jähriges Jubiläum feiert. Oder Moses-Records (7., Lerchenfelder Straße 3), nach eigener Aussage Wiens größter Vinyl&CD-Shop. Das Teuchtler (6., Windmühlgasse 10) ist im US-Kultfilm „Before Sunrise“ zu sehen – und ist somit auch interessant für all jene, die nicht nur bei Musik auf Nostalgie stehen.
Wo sich alles um Musik dreht
Jaz in the City Vienna, Mariahilf:
Betritt man das neue Hotel „Jaz in the City Vienna“ in der Windmühlgasse 28, steht man mitten in einem Plattenladen. Die Verkaufstheke ist gleichzeitig der Check-in für die Hotelgäste. „Ziel war es, ein Hotel zu gestalten, in dem sich Musiker wie Musikbegeisterte augenblicklich zu Hause fühlen“, sagt Architekt Erich Bernard vom zuständigen Büro BWM Architekten.
Bei den angebotenen Platten wird darauf geachtet, dass heimische Künstler vertreten sind. So wird zum Beispiel Musik von Conchita Wurst, Virginia Ernst oder Parov Stelar angeboten. Wiener können die Platten kaufen, die Hotelgäste dürfen sie auch ausborgen. Zu diesem Zweck ist jedes Zimmer mit einem Plattenspieler ausgestattet.
Das Hotel wird nächste Woche am Mittwoch eröffnen. In der dazugehörigen Bar gibt es nicht nur Musik, sondern auch sogenannte Jazzy Tapas – eine Wiener Variante der spanischen Häppchen. Serviert werden beispielsweise Kalbsbeuschel, Rindszunge oder auch Beef Tatar.
Needle Vinyl Bar, Mariahilf: In der Inneren Stadt (Färbergasse 8) hat sie sich schon etabliert: die Needle Vinyl Bar. Und zwar so gut, dass jetzt in der Barnabitengasse 8 eine Dependance eröffnet hat.
In der Bar setzt man voll auf das Flair des Schallplattenzeitalters. Das erkennt man schon allein an der Deko, die sich an einem anderen kultigen Musikgerät orientiert: Die Lampen sind zwei riesige Grammophone, die von der Decke hängen.
Dort oben sind außerdem Bilder von Jazz- und Soulkünstlern angebracht. So wird man beim In-die-Luft-Schauen in die richtige Stimmung versetzt. Die Musik kommt vom Plattenspieler, an manchen Abenden kommt sogar ein Grammophon zum Einsatz.
Kulinarisch setzt man auf Understatement – serviert wird ausschließlich Toast. Dafür gibt es hier Cocktails, zum Beispiel den angeblich besten Espresso Martini der Stadt. Drinnen ist es für das richtige Feeling richtig schummrig. Frischluftfreunde können sich aber auch in den Schanigarten setzen. Die Bar ist täglich von 11 bis 2 Uhr geöffnet.
Siluh Laden, Brigittenau: Für das Plattengeschäft Siluh Laden in der Wallensteinstraße 4–5 waren die Lockdowns ein kleiner Durchbruch: Das Bestell- und Abholgeschäft lief zur Freude von Inhaber Bernhard Kern sehr gut. „Wir sind in dieser Zeit eine Art Platten-Nahversorger geworden“.
Diesen Schwung will Kern nun mitnehmen: Seit der Handelsöffnung im Frühling hat das 2019 eröffnete Geschäft fixe Öffnungszeiten (Dienstag und Donnerstag, 10 bis 17 Uhr). Dort findet man neue und gebrauchte Platten mit Indie, Jazz und Worldmusic – darunter japanischer Pop aus den 70er-Jahren und äthiopische Musik. Dazu kommen Platten von heimischen Labels – auch von Siluh Records, Kerns eigenem Label, bei dem Wiener Bands wie Culk, Euroteuro und Dives erscheinen.
Neben all dem ist im Siluh Laden noch eine andere Art anachronistischer Tonträger zu haben: Kassetten – eine Nische, die im Kommen ist. Denn Kassetten sind relativ günstig und zum Abspielen braucht man keinen teuren Plattenspieler, sondern lediglich ein altes Küchenradio.
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