Säumiger Bund: Wien stellt eigenes Klimaschutzgesetz in Aussicht
Wien arbeitet an einem eigenen Klimaschutzgesetz. Man wolle nicht mehr auf den Bund warten und habe entsprechende Schritte gesetzt, berichtete Umweltstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) am Freitag im Gespräch mit Journalisten. Das Vorhaben, das im Lauf des kommenden Jahres umgesetzt werden soll, war auch Thema bei der jüngsten Sitzung des Wissenschaftsbeirats des Klimarats, der die Stadt in Klimafragen berät.
Das Advisory Board des Wiener Klimarats wird in regelmäßigen Abständen teilweise neu besetzt. Zuletzt erfolgte wieder eine Rochade. Neu im Team sind seither die Juristin Dragana Damjanovic (Institut für Raumplanung an der Technischen Universität Wien), der Energiewissenschafter Keywan Riahi vom Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA), die Mitbegründerin von Fridays For Future in Österreich, Katharina Rogenhofer, sowie die WIFO-Ökonomin Margit Schratzenstaller.
Bundesweite Vorgaben fehlen
Sie unterstützen die Stadt bei der Umsetzung des selbst gesteckten Ziels. Denn Wien will die Klimaneutralität im Jahr 2040 erreichen. Das ist jedenfalls im Wiener Klimafahrplan, der vom Klimarat bereits präsentiert wurde, so formuliert. Um die Ziele zu erreichen, wären nach Ansicht Wiens aber bundesweite Vorgaben nötig. Wichtige Regelwerke wie das Klimaschutzgesetz seien jedoch ausständig, wurde heute kritisiert.
Österreich hat seit mittlerweile 650 Tagen kein gültiges Klimaschutzgesetz. Der seit langem angekündigte Entwurf der türkis-grünen Bundesregierung steckt seit mittlerweile einem Jahr in der koalitionsinternen Koordinierung fest.
Die rot-pinke Stadtregierung hat sich in ihrem Koalitionsprogramm auch ein Klimaschutzgesetz verordnet, jedoch wiederholt drauf verwiesen, dass man erst dasjenige des Bundes abwarten wolle.
"Geduldsfaden gerissen"
Nun ist der Geduldsfaden gerissen, wie es Czernohorszky formulierte. Somit arbeite man nun an einem eigenen Gesetz. Notfalls müsse man dies ändern bzw. anpassen, wenn dann ein bundesweites Gesetz verabschiedet werde, hieß es. In dem Wiener Gesetz sollen etwa verbindliche Ziele oder deren Monitoring festgelegt werden.
Diskutiert hat der Klimarat in der aktuellen Sitzung auch über konkrete Maßnahmen wie einen Fachkräfte-Aktionsplan, um die Zahl der Auszubildenden zu erhöhen. Denn es fehle etwa Personal für die Montage von Solaranlagen. Auch die Frage des Gasausstiegs in Wien - deren Anteil im Bundesvergleich am höchsten ist - wurde debattiert. Damit zusammenhängend wurden Sanierungs-Initiativen vorgeschlagen. Mieten für nicht sanierte Objekte könnten etwa gedeckelt werden, befand man.
Generell sei es auch nötig, sich die Frage der Förderungen oder auch des Abgabensystems in den Gemeinden anzusehen, betonte Ökonomin Schratzenstaller. "Ich denke, es gibt schon auch Hebel auf kommunaler Ebene." Bei den Subventionen könnte etwa klimafreundliches Verhalten unterstützt werden, schlug sie vor.
Mega-Thema Verkehr noch nicht behandelt
Kein Thema bei der jüngsten Sitzung - also der ersten mit den neuen Mitgliedern - war das Thema Verkehr. Dieses soll zu einem späteren Zeitpunkt besprochen werden. Laut Keywan Riahi verursacht die Mobilität immerhin 40 Prozent der Emissionen in Wien.
Ob das Gremium Zustimmung oder Ablehnung zu umstrittenen Projekten wie Nordostumfahrung oder Lobautunnel formulieren wird, bleibt aber offen. Man sei ein Beirat, der die wissenschaftliche Evidenz prüfe. Entscheiden müssen die Politik, gab Riahi zu bedenken.
Auch Katharina Rogenhofer betonte, dass zu diesem Thema noch kein Standpunkt erarbeitet worden sei. "Ich glaube, mein Standpunkt ist aber klar", sagte sie. Den Bau neuer Autobahnen hat sie bereits wiederholt kritisiert.
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