Koalition in Gefahr? Klimaschutz als Gretchenfrage

Koalition in Gefahr? Klimaschutz als Gretchenfrage
Wenn das Klimaschutzgesetz nicht bald kommt, werde sich grünintern die Frage stellen, ob die Koalition noch zu halten sei, glaubt ein Experte.

Droht das wichtigste Wahlasset der Grünen – der Klimaschutz – zu zerbröseln? Das Klimaschutzgesetz ist inzwischen seit 600 Tagen überfällig. Die grüne Umweltministerin Leonore Gewessler hatte ein Klimaschutzgesetz versprochen, aber sie kann seit zwei Jahren keines vorlegen, weil der Koalitionspartner ÖVP ziemlich deutlich macht, dass er kein Interesse hat. „Das hat derzeit keine Priorität“, gab der Klimasprecher der ÖVP im Parlament, Johannes Schmuckenschlager, kürzlich unverblümt zu. Wirklich fokussiert verhandelt wurde zuletzt vor über einem Jahr.

Gewessler versuchte zuletzt zwar sofort gegenzusteuern, Klimaschutz sei dieser Regierung sehr wohl wichtig. Doch die Entrüstung ist groß – und wird immer größer. Sogar die Neos fragen, ob die Grünen in dieser Koalition eigentlich noch richtig sind, schließlich hätten die Grünen etwa beim Thema Asyl zurückgesteckt, um Österreich klimafit zu machen.

Steigender Druck

Bei der grünen Basis gärt es noch im Stillen, richtig sauer sind die Umwelt-NGOs auf die ehemalige Global-2000-Chefin Gewessler ob des klimapolitischen Patts. „Wir zweifeln mittlerweile, ob das Klimaschutzgesetz bei den Grünen genug Priorität hat“, sagt der Fridays-for-Future-Aktivist Michael Spiekermann. Sie wüssten wohl, dass die ÖVP blockiere – aber „die Grünen wurden dafür gewählt, das Gesetz trotzdem durchzubringen“.

Auch für den Umweltdachverband ist das Zögern völlig unverständlich, „die Zeit der Blockadehaltung ist vorbei“, heißt es zum KURIER. Greenpeace schließt sich an und fordert die Regierung auf, „sich an den Verhandlungstisch zu setzen, und das Klimaschutzgesetz schnellstmöglich auf den Boden zu bringen“.

OGM-Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer glaubt zwar, dass so ein Patt beiden Parteien, ÖVP und Grünen, gleichermaßen schadet, die Jüngeren könnten aber besonders enttäuscht sein, warum Grün nicht liefert. Vorteil sei aber, dass in Sachen Klima die Grünen eine „Monopolpartei“ bleiben.

"Für die Grünen ist es gefährlich"

Ähnlich auch Politikberater Thomas Hofer: „Für die Grünen ist das schon gefährlich, wenn sie beim Klimaschutz nichts weiterkriegen. Sie müssen ja vor der nächsten Wahl herzeigbare Ergebnisse haben. Wenn aber beim Klimaschutzgesetz, dem zentralen Thema der Grünen, kein Ergebnis kommt, dann ist das der größte Druckpunkt für sie in der Regierung.“

Klar, sagt Hofer, hätten die Grünen mit Ministerin Gewessler Erfolge vorzuweisen, wie Klimaticket und Ökostromausbau. Aber nun gehe es eben um etwas Zentrales. „Da sehe ich schon die Gefahr, wenn sich das hochschaukelt und der Druck von der Basis und den NGOs steigt, dass bald parteiintern die Frage gestellt wird, wozu diese Koalition noch aufrechterhalten werden soll.“

In den Umfragen würden sie aber gut dastehen – noch.

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