In der IGGÖ rumort es: Kultusgemeinden verunsichert

In der IGGÖ rumort es: Kultusgemeinden verunsichert
IGGÖ-Präsident unter Druck: Im obersten Gremium der IGGÖ wird Ibrahim Olgun zum Rücktritt aufgefordert.

In der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGÖ) rumort es gewaltig: Nach der Ankündigung der Bundesregierung, wegen Verstößen gegen das Islamgesetz sieben Moscheen zu schließen, die Arabische Kultusgemeinde (der sechs der Gebetshäuser zugerechnet werden) komplett aufzulösen und mindestens 40 Atib-Imame ausweisen zu wollen, steigt der Druck auf den Präsidenten der IGGÖ, Ibrahim Olgun. Der Theologe wird von seinem eigenen Vizepräsidenten, Abdi Tasdögen, sowie anderen Mitgliedern des Obersten Rates aufgefordert, zurückzutreten.

Es sieht nämlich so aus, als sei die Ursache für die Moschee-Schließungen nicht der von der Bundesregierung angekündigte Kampf gegen den politischen Islam. Sondern vielmehr „eine IGGÖ-interne Intrige“, wie Politologe Thomas Schmidinger im Interview auf SchauTV erklärt. Er ortet eine „verspäteten Rache“ Olguns – dessen Wahl ja ausgerechnet von der Arabischen Kultusgemeinde (erfolglos) angefochten worden war. Und auch Tasdögen unterstellt Olgunpolitische Motive: Dem der Türkisch-islamischen Union (Atib) nahe stehenden Präsidenten gehe es darum, „die IGGÖ-interne Opposition zu schwächen und Andersdenkende mundtot zu machen“. Dabei schrecke er auch vor Mitgliedern des Obersten Rates nicht zurück, sagt sein Stellvertreter von der ebenfalls türkischen Islamischen Föderation.

IGGÖ war informiert

Die Kritiker in den eigenen Reihen werfen dem Präsidenten vor, selbst die Auflösung der Arabischen Kultusgemeinde verursacht zu haben. So liege dem Obersten Rat sowie dem Vorsitzenden des Schurarats (des IGGÖ-Parlaments) eine Korrespondenz vor, in der das Präsidialbüro dem Kultusamt mitteilte, dass „mehrere Kultusgemeinden die rechtlichen Anforderungen (...) nicht erfüllen würden“.

In einem Erhebungsbericht, den die IGGÖ dem Kultusamt am 30. August 2017 übermittelte, hieß es, „dass manche Einrichtungen nicht als Moscheen im Sinne der Verfassung bezeichnet werden können“.

„Insofern scheinen die Anträge des Präsidenten sowie die Informationen, die vom Präsidialbüro dem Kultusamt überliefert wurden, letztlich zur Auflösung der Moscheen und der ArabischenKultusgemeinde geführt zu haben“, sagt Tasdögen. Der Oberste Rat sei von Olgun „über Monate hin nicht informiert worden“.

Olguns Aussendung vom Sonntag, in der er sich über die Maßnahmen der Regierung „empört“ zeigte, den Eindruck erweckte, nicht informiert worden zu sein und rechtliche Schritte gegen die Moschee-Schließungen ankündigte, erscheint da natürlich in besonders schiefem Licht. Der Oberste Rat habe diese Stellungnahme nicht abgesegnet, betont Tasdögen.

Dazu sei es gar nicht erst gekommen, weil Olgun die Sitzung am vergangenen Samstag frühzeitig abgebrochen habe. Und zwar ohne die Fragen der anderen Mitglieder zu beantworten.

Kommen Neuwahlen?

In Teilen des Obersten Rates herrsche nun Verunsicherung, so Tasdögen. Habe sich doch herauskristallisiert, dass Olgun dem Kultusamt gegenüber „mehrere Kultusgemeinden – also mindestens zwei“ thematisiert habe. Welche die zweite ist und ob auch diese aufgelöst wird, sei nun Gegenstand von Spekulationen. Die Mutmaßung, dass es sich um die asiatische Kultusgemeinde handeln könnte, sei von Olgun weder verneint noch bestätigt worden, bevor dieser die Sitzung für beendet erklärte.

Und auch, warum „im Sommer 2017 auf Anordnung des Präsidenten eine ihm nahestehende Kultusgemeinde gegründet wurde“, wollte Olgun nicht erklären, kritisiert Tasdögen.

Um Licht in die Sache zu bringen werde er nun eine außerordentliche Sitzung des Schurarates einberufen, stellt der IGGÖ-Vizepräsident in Aussicht. Dieses Gremium habe zwar die Macht,den Präsidenten abzusetzen – er werde dies aber (noch) nicht beantragen, sagt Tasdögen. Vielmehr gehe es ihm darum, Olgun die Möglichkeit zur Stellungnahme einzuräumen. Sollte dieser das Belegbare aber weiter abstreiten, seien weitere Schritte absehbar. Auch Neuwahlen schließt der Vize nicht aus. Er selbst habe jedoch keine Ambition auf Olguns Amt.

Im Bezug auf die Moscheeschließungen sei es nun notwendig, den Verfassungsgerichtshof anzurufen und das Islamgesetz auf seine Verfassungskonformität hin überprüfen zu lassen.

IGGÖ-Präsident Ibrahim Olgun war bis Redaktionsschluss für keine Stellungnahme zu erreichen.

Die Ankündigung der Regierung, Moscheen schließen zu wollen, gipfeln indes in sozialen Medien in Morddrohungen gegen Bundeskanzler Sebastian Kurz. Das Bundeskanzleramt bestätigt entsprechende Postings auf Facebook und Instagram. Die Drohungen, die von mehreren Accounts ausgegangen seien, würden ernst genommen, erklärt ein Sprecher. Der Verfassungsschutz sei bereits damit befasst. 

"Warum eigentlich, Herr Schmidinger?"

Kommentare