Richard Lugner: Letztes Geleit für den "letzten Gentleman"

Richard Lugner: Letztes Geleit für den "letzten Gentleman"
Am Samstag fanden die Trauerfeierlichkeiten für Richard "Mörtel" Lugner im Stephansdom statt. Neben Prominenten hatten sich auch Hunderte Fans versammelt.

Die Gedenkfeier für Richard Lugner, der am 12. August, zwei Monate vor seinem 92. Geburtstag, starb, war wie er selbst: etwas übertrieben, etwas skurril, aber herzlich.

Etwas skurril begann es um 8 Uhr mit einem Konvoi aus Rockern auf Motorrädern, die das Auto mit dem Sarg zwischen Polizeiabsperrungen vor den Stephansdom geleiteten – gefolgt von einer weißen Stretch-Limousine, in der Lugners vierte Ehefrau Christina alias "Mausi" und die gemeinsame Tochter Jaqueline saßen.

Auch Lugners erste Ehefrau Christine und die Söhne Alexander und Andreas waren dabei. Wer fehlte, war Lugners sechste Ehefrau Simone (seit 72 Tagen), die erst 20 Minuten später durch den Nebeneingang erschien. 

Zylinder als Hommage, Ex-Frauen unter Tränen

Im Dom wurde auf dem Lugner-roten Sarg sein Zylinder platziert, als Hommage an Lugner als Opernballgast und Gastgeber.  Auf den Ball sollte noch mehrmals Bezug genommen werden – etwa, als beim Auszug aus dem Dom die Fächerpolonaise ertönte.

Aufbahrung Richard Lugner: Eindrücke

Neben der Familie waren auch einige der Frauen gekommen, die Lugner in seinem Leben geliebt (oder zumindest mit auf Urlaub) genommen hatte. "Katzi" Anastasia Sokol, "Bambi" Nina Bruckner und "Wildsau" Lydia Kelovitz mussten sich spätestens bei einer Interpretation des Elton-John-Haderns "Candle in the Wind", dessen Text der Weltstar einst für Marilyn Monroe und dann für Prinzessin Diana geschrieben hatte, die Tränen trocknen. 

Statt "Goodbye England’s Rose" sang Dennis Jale die Version aus der Feder von Lugners Witwe Simone: "Goodbye Richard Love". 

Richard Lugner: Letztes Geleit für den "letzten Gentleman"

"Im Himmel gibt es jetzt endlich die Sonntagsöffnung, die du immer haben wolltest", sagte der Dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer in seiner Rede.

De mortuis nihil nisi bene, also über Tote nichts als Gutes (zu sprechen), bedeutete ursprünglich, Verblichenen nach Tunlichkeit nur Zutreffendes und Wahrhaftiges nachzusagen. Es gilt nicht für die Betulichkeit der  Hinterbliebenen – und schon gar nicht für die Innenansichten von Außenstehenden. 

Angesichts der vielstündigen TV-Berichterstattung auf bis zu fünf Sendern lässt sich  (zu)trefflich resümieren: Der Abschied von Richard Lugner geriet zum City-Marathon der Scheinheiligsprechung.  

Mildernde Umstände

Wer da von Station zu Station "zappte", dem wurde zappenduster  vor Augen. Dem oe.24-Reporter gefiel das "sehr rahmenvolle Setting der Trauerlichfeierkeiten", wohl nicht zuletzt, als sein Chef im Studio die vielen Fotografen bemerkte, "die meisten von uns, schön wär’s, wenn sie uns net den Blick verrammeln", etwa auf "Mausi Lugner, einer der eindrucksvollsten Gäste, wir sehen sie nur von hinten, die weint praktisch   fürchterlich".

Sehr hübsch auch "die sogenannten VIP-Plätze mit 200 Eingeladenen und 150 Dazu-Agierten", zum Beispiel Peter Westenthaler, der "Lugner einfach A Revoir sagen" wollte. Au weh. Da spielte die violette "Stola" des Dompfarrers auch keine Rolle mehr. Zumal der  Schutzherr im Faber-Castell "jetzt angeblich noch ein paar Gebete sprechen wird".  

Nicht unlustig ferner, dass auf ATV, Puls 24 und Joyn Reporter Dominic Heinzl Interviewpartnerin Anastasia Sokol als "Spatzi" ansprach, was dem ungerührten "Katzi" nicht einmal gegen den Strich ging. Dafür blieb die kluge Frage an Toni Faber, ob er denn "öfter bei Lugner war, als Lugner bei ihm", einem technischen Gebrechen geschuldet, leider Gottes unbeantwortet.

Dafür wies Faber in seiner Messe (im violetten Talar) auf  eine Lugner-Stelle bei Lukas hin: "Herr, sei mir Sünder gnädig." Sechs Ehen und eine Exkommunizierung (2007 durch den emeritierten Salzburger Bischof Laun wegen der Eröffnung einer Abtreibungsberatung in der Lugner City) schützen nicht vor dem Einlass ins Herz der Katholiken, ja nicht einmal vor der Trauerrede eines zum Protestantismus konvertierten Nationalratspräsidenten –  Norbert Hofers Modell für den religiösen Weltfrieden am Tag der Ökumene.

Auf ORF III gewährte Lisbeth Bischoff in wohltuend relativierender Unaufgeregtheit dem Verstorbenen  in all seinem irdischen  Tun "mildernde Umstände", habe er doch "sein eigenes Geld verprasst".

Roland Adrowitzer bewunderte Lugners Vorstoß "in die Kathedrale  der TV-Nachrichten (ARD-Tagesschau)".  Unwiderlegbar jedenfalls die Moderatorin auf ATV, Puls 24,  Joyn – Frühling oder Blümel:  "Ob man ihn mochte oder nicht, er hat polarisiert."

von Dieter Chmelar

Richard Lugner: Letztes Geleit für den "letzten Gentleman"

Stellte sein Licht nicht unter den Steffl: Dompfarrer Toni Faber.

An die 600 Gäste fanden sich am Samstag im Dom ein. Auf Schwarz wurde großteils verzichtet, ein Accessoire war freilich flächendeckend angesagt: das Foto-Handy, ob der Promidichte wenig überraschend. 

Sein letzter Applaus

Eine von ihnen: Astrologin Gerda Rogers, die Lugner in Liebesdingen stets mit Rat zur Seite stand. Auf die Frage des KURIER, wie sie sich an Lugner erinnern werde, erstrahlten ihre Augen: "Er war der letzte richtige Gentleman, ehrlich und aufrichtig."

Richard Lugner: Letztes Geleit für den "letzten Gentleman"

City ohne Lugner: Der Sarg umrundete seinen Einkaufstempel.

Auch seine Qualitäten abseits der Kameras wurden in den Reden immer wieder erwähnt. Dompfarrer Toni Faber: "Das ist nicht der Beginn einer Heiligsprechung, aber ein demütiges Abschiednehmen in großer Dankbarkeit für sein Lebenswerk."

Nach dem Requiem wurde der Sarg von zufällig anwesenden Touristen aus aller Welt vor dem Dom in Empfang genommen. Prompt klatschten Besucher aus aller Welt beim Radetzkymarsch mit – Lugners letzter Applaus. Er hätte ihn genossen.

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