Polizist fuhr Demonstrant fast über Kopf: Geldstrafe bleibt

Polizist fuhr Demonstrant fast über Kopf: Geldstrafe bleibt
Der Vorfall hatte sich vor der Urania abgespielt. Der Beamte beteuert, nichts gesehen zu haben.

Zu diskutieren gibt es nicht allzu viel. Von dem Vorfall gibt es unzählige Videos, die jede Sekunde aus fast jedem Blickwinkel dokumentieren. Dennoch landet ein heftiger Zwischenfall auf der Klimademo vom 31. Mai 2019 am Mittwoch erneut vor Gericht: Es war der Tag, an dem ein Polizeibus bei der Wiener Urania fast über den Kopf des Umweltaktivisten Anselm Schindler gefahren wäre.

Angeklagt ist ein Polizist. Der wurde vom Bezirksgericht Innere Stadt bereits wegen Gefährdung der körperlichen Sicherheit zu einer unbedingten Geldstrafe von 2.250 Euro verurteilt. Zuvor hatte er sogar eine Diversion abgelehnt. Doch das will der nicht auf sich sitzen lassen. „Ich habe nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt“, sagt er bei seiner Berufungsverhandlung im Landesgericht für Strafsachen in Wien. Zudem habe er von einem Vorgesetzten den Befehl bekommen, vorzufahren. „Ihn trifft keine Schuld. Er ist unbescholten und hat sich in einer sehr großen Stresssituation befunden“, sagt Anwalt Mathias Burger.

Nach hinten gedreht

Auf den besagten Videos ist erkennbar, wie Anselm Schindler von zwei Polizisten zu Boden gebracht wird. Sein Kopf landet irgendwie unter dem Polizeibus. Der Fahrer des Busses schaut zweimal aus dem geöffneten Fenster in Richtung der Amtshandlung. „Ich hab mich zwar nach hinten gedreht, aber ich hab ihn nicht gesehen“, beteuert der angeklagte Polizist. „Ich wollte auf keinen Fall irgendjemanden gefährden.“

Unmittelbar davor sei ihm vom Kollegen gedeutet worden, dass er mit dem Bus aufschließen solle. „Aber das Losfahren liegt in der Verantwortung des Lenkers. Egal, ob es einen Befehl dazu gab oder nicht“, argumentiert die Staatsanwältin.

„Ich habe selbst einen VW-Bus. Der hat wirklich große Seitenspiegel. Wenn der Fahrer da nichts sieht, sollte er nicht fahren, sondern zu Fuß gehen“, sagt Rechtsanwalt Clemens Lahner, der Anselm Schindler vertritt.

Glücksfall

Der Berufungssenat bestätigt nach kurzer Beratung das Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt. „Sie haben gesehen, dass da jemand am Boden liegt und zwei Kollegen neben dem Fahrzeug knien“, ist die Vorsitzende Richterin Sonja Weis überzeugt. „Dann fahren Sie unvermittelt los. Es ist ein Glücksfall, dass nicht mehr passiert ist.“ Möglich war das nur, weil die Beamten Schindler in der letzten Sekunde wegzogen.

Auf dem Video habe man auch den entsetzten Blick des Kollegen wahrnehmen können, der gerade auf Schindler gekniet war. „Das ist bezeichnend und lässt keinen Zweifel zu.“

Weis zeigt Verständnis für die Stresssituation während Demos. „Sie haben einen schweren Job.“ Dennoch hält sie die Strafe des Bezirksgerichts für „äußerst gering“. „Wenn jemand hätte berufen können, dann wäre das eigentlich die Staatsanwaltschaft gewesen.“

 

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