Unterstützung
„Ich habe definitiv daraus gelernt“, sagt der 26-jährige Polizist. Er habe damals nur den Kollegen unterstützen wollen. Wusste nicht, was sich Schindler zuschulden lassen kommen hatte – es war dokumentierter Weise gar nichts. „Was würden Sie heute anders machen?“, fragt ein Schöffe. „Ich würde fragen, was los ist.“ – „Auch bei einem Vorgesetzten?“ – „Ja.“
Der Beamte wird zu zehn Monaten bedingter Haftstrafe verurteilt. Das Urteil ist rechtskräftig.
Für Anwalt Clemens Lahner, der Schindler seit Jahren vertritt, ist das ein wichtiges Signal. „Dass endlich ein Polizist sagt: ‚Ja, das war falsch.‘ Wir wissen, dass Sie einen schwierigen Job haben, dass Sie in schwierige Situationen kommen. Es braucht Courage, zu sagen – nein, das stimmt so nicht. Das war anders.“
Denn in dem Bericht, den der verurteilte Kollege aufgesetzt hatte, war davon die Rede, dass Schindler aggressiv gefuchtelt hätte, laut geworden wäre.
Allein: Videoaufnahmen zeigen das Gegenteil. Schindler stand abseits. Unterhielt sich ganz normal. „Ein funktionierender Rechtsstaat muss mit beiden Augen sehen“, betont auch die Staatsanwältin.
Doch so einfach ist das nicht. Verurteilungen von Polizisten sind selten – laut Landespolizeidirektion Wien gab es im Vorjahr sieben Verurteilungen zwischen 8 und 12 Monaten; wegen Körperverletzung, Amtsmissbrauch und Falschaussage.
Eines haben die Verurteilungen gemeinsam: Es gab Videomaterial. So etwa auch von der Amtshandlung gegen einen Tschetschenen in einem Wettlokal, der von Polizisten verprügelt wurde. Sechs Beamte wurden deshalb im Vorjahr verurteilt. Und auch bei der Klimademo lässt sich bis auf wenige Sekunden der gesamte Polizeieinsatz durch Handyvideos rekonstruieren.
Steht Aussage gegen Aussage, schaut es für Opfer von Polizeigewalt schlecht aus. 269 Anzeigen gegen Polizisten gab es im Jahr 2020, 209 davon in Wien. Disziplinarverfahren nach Misshandlungsvorwürfen gab es in den vergangenen drei Jahren genau 15 Stück.
„Es ist unerträglich, dass Betroffene von Polizeigewalt nur dann eine Chance haben, zu ihrem Recht zu kommen, wenn es Videos von den Übergriffen gibt“, sagt Stephanie Krisper, Neos-Sprecherin für Inneres. „Die Zahlen und Fakten, nämlich das Fehlen von Konsequenzen, zeigen weiterhin, dass es in Österreich keine unabhängige Beschwerdestelle gibt.“
Diese Beschwerdestelle ist seit Langem angekündigt. Eingerichtet wurde sie noch nicht.
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