Polster-Prozess: Stau am Verteilerkreis, prominente Zeugen, launige Meldungen

Anton Polster auf dem Weg zu seinem Prozess
Zweite Halbzeit im Prozess Toni Polster gegen den ÖFB. Die Ex-Teamspieler Ogris, Baumeister und Kern sagten als Zeugen aus.

Die Fortsetzung des Matches vor Gericht begann mit 15 Minuten Verspätung, weil Torjäger und Kläger Anton Polster im morgendlichen Stau stand. Ausgerechnet am Verteilerkreis ging es für die Austria-Legende nicht weiter.

Im Saal 9 des Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien wurde am Dienstagvormittag zunächst über den Grund für das erhöhte Verkehrsaufkommen gerätselt. Polsters Anwalt Manfred Ainedter vermutete den ersten Arbeitstag nach Pfingsten und das regnerische Wetter, der Richter führte den Wien-Besuch des britischen Premiers Rishi Sunak ins Treffen. „Ja, das wird’s auch sein“, pflichtete Ainedter bei.

FUSSBALL/ GERICHTSVERHANDLUNG TONI POLSTER UM NACHTRÄGLICHE ANERKENNUNG VON ALS INOFFIZIELL GELTENDEN LÄNDERSPIELEN BZW. TOREN: POLSTER/AINEDTER

Nach Klärung dieser essenziellen Dinge wurde darüber verhandelt, ob Polster österreichischer Rekordtorschütze mit 44 oder doch mit 47 Volltreffern sei. Denn drei Tore erzielte er in inoffiziellen Länderspielen gegen Liechtenstein 1984 und Tunesien 1987. Er klagte den ÖFB, da er diese Partien als offiziell betrachtet.

Im Zeugenstand machte er dann nicht so eine gute Figur wie einst in gegnerischen Strafräumen, als ihn der Richter, nicht sehr standfest auf dem Terrain des Fußballs, zu damaligen Gepflogenheiten rund um besagte Länderspiele befragte. Dabei auch eines im Rahmen eines Turniers gegen Marokko im Jahr 1988. 

Konkrete Erinnerungen zu den Partien konnte er kaum anführen, auch nicht, wie überhaupt sein Treffer in Liechtenstein zustande gekommen war. „Ich weiß auch nicht, was es damals zu essen gab.“

Polster machte geltend, dass drei Tore mehr auch seinen „Marktwert als Werbefigur steigern“ würde, sagte der österreichische Torschützenkönig. „Da machen drei Tore einen Unterschied.“ Auf Nachfrage des Richters, ob er denn schon einmal bei Werbeverträgen mehr Geld in Aussicht bekommen hätte, wenn er diese drei Tore geschossen hätte, verneinte Polster, meinte aber, dass er dann aber mehr Geld verlangen würde.

Die Stationen

Simmering (1982)

Austria (1982-1987)

Torino (1987-1988)

Sevilla (1988-1991)

Logrones (1991-1992)

Rayo Vallecano (1991-1993)

Köln (1993-1998)

Mönchengladbach (1998-2000)

Salzburg (2000)

Erfolge

3 mal Österreichischer Meister

1 mal Österreichischer Cupsieger

Österreichs Sportler des Jahres 1997

2 mal Österreichs Fußballer des Jahres

Goldener Schuh als bester Torschütze Europas 1987

95 Länderspiele, 44 Tore

WM-Teilnahmen 1990 und 1998

Schlechter Kompromiss

Gesprächig und weitaus erinnerlicher gab sich Zeuge Heinz Palme, 1978 bis 2000 in verschiedenen Positionen für den ÖFB tätig. Auch das Trainingslager 1987 samt Match in Tunesien hatte er noch vor Augen. Für ihn war es ein offizielles Länderspiel. „Es gab eine interne ÖFB-Regelung, wonach nur sechs Länderspiele pro Jahr mit der Bundesliga vereinbart waren.“ 

Vorwiegend wegen der Abstellungsprämien für die Spieler. „Die Lösung war ein schlechter Kompromiss“, so Palme über die Tatsache, dass man dadurch diese Länderspiele als inoffiziell bezeichnete. Zu dieser Zeit war die Bundesliga noch ein Teil des ÖFB, aber in ihrer Position schon so stark, dass der Verband klein beigab.

Vibrierendes Handy

Zwischendurch quittierte der Richter wiederholt launige Zwischenmeldungen von Polster-Anwalt Ainedter mit Maßregelungen. Der ließ sich aber auch nicht daran hindern, den Zwischenstand des Eishockey-WM-Spiels Österreich gegen Großbritannien zu vermelden. „1:1 steht’s, das Spiel ist wichtig.“ Dann läutete wiederum sein Mobiltelefon. „Könnten’s die Vibration auch abstellen bitte“, gemahnte der Richter.

Polster-Prozess: Stau am Verteilerkreis, prominente Zeugen, launige Meldungen

In Folge durften einstige Nationalspieler wie Andreas Ogris, Ernst Baumeister oder Manfred Kern vorsprechen. Ogris, der mehr als eine Stunde für seine Aussage warten musste, erledigte diese dann so flott wie er einst auf Beinen war. 

„Ich kann mich nicht erinnern, dass uns erklärt wurde, wann ein Länderspiel offiziell ist oder nicht. Ich habe auf die Einberufung geschaut und wollte nur wissen, ob mein Name darauf steht.“ Bei den Partien gegen Tunesien und Marokko konnte er keinen Unterschied zu anderen offiziellen Spielen erkennen.

Regelwidrig

Der damalige ÖFB-Generalsekretär Alfred Ludwig bestätigte die Regelung mit sechs Länderspielen pro Jahr, hielt aber auch fest, dass die im Prozess relevanten Spiele auf den Einberufungen für die Kicker als inoffiziell ausgewiesen wurden. Das Match gegen Liechtenstein könnte gar nicht als offiziell gewertet werden, da ein Regelbruch begangen wurde, da Teamchef Erich Hof Alfred Drabits zunächst aus-, dann wieder eingewechselt wurde.

Die Verhandlung dauerte bis in die späten Nachmittagsstunden. Ein Urteil erfolgt schriftlich.

Kommentare