Doch das, sagen alle drei, ist längst Vergangenheit. Die sie allerdings wieder eingeholt hat. Die Staatsverweigerer waren führende Mitglieder eines frei erfundenen eigenen Gerichtshofes mit dem Namen „International Common Law Court of Justice Vienna“ (ICCJV). In ihren Statuten hielten sie ausdrücklich fest, dass Selbstjustiz ein erwünschtes Mittel ist. Gegen Richter, Sachwalter oder Insolvenzverwalter.
Dass sie es damit ernst meinten, wurde im Juli 2014 sichtbar. Da traten sie in der kleinen Waldviertler Ortschaft Hollenbach auf. Eine Sachwalterin habe einer Mitstreiterin „das Leben zur Hölle“ gemacht. Ein Schauprozess gegen die Juristin sollte stattfinden. Ein Fantasie-Haftbefehl wurde ausgestellt – und sogar zur örtlichen Polizei gebracht, mit dem Auftrag, diesen zu vollziehen. Die bedrohte Frau benötigte schließlich Polizeischutz.
In der Sache wurden zwei der Angeklagten bereits zu teilbedingten Freiheitsstrafen verurteilt. Doch gleich nach ihrer Entlassung wandten sie sich erneut dem Fantasie-Gerichtshof zu. „Ich möchte nicht mehr in Haft sitzen. Ich will mich mit meinen Kindern beschäftigen“, sagt der Erstangeklagte heute. Er habe einen Blödsinn gemacht.
Oder wie es sein Anwalt ausdrückt: „Es gibt nur zwei Arten von Menschen, die so etwas machen. Jene, die den Staat in seinen Grundfesten erschüttern wollen. Und Komplexler.“ Seinen Mandanten zählt er zu Zweiterem. „Das war so abstrus und schwachsinnig.“
Doch die Gruppierung meinte es ernst. Insgesamt 400 Mitglieder zählt sie laut Staatsanwältin. Auch eine bewaffnete Exekutive sei Teil des Plans gewesen. Genannt wurden die „Ordnungshüter“ Sheriffs – so einer soll auch der Drittangeklagte Kampfsport-Trainer gewesen sein.
Und man nahm sich selbst äußerst ernst. So wurden unter anderem Diplomatenpässe beim Außenministerium beantragt. Laut eigenen Regeln müssten die – nicht anerkannten – Gerichte den Anweisungen der Gruppierung Folge leisten. Zudem gestand man den Mitgliedern zu, sich zu bewaffnen und keine Steuern zahlen zu müssen. „Das klingt nach ’wünsch dir was’, stellt der Vorsitzende Richter fest.
Die Urteile standen bei Redaktionsschluss noch aus.
Eine Bewegung im Aufwind
Die Staatsverweigerer haben seit Corona wieder Aufwind. Aktuell sollen 4.000 Personen der Szene angehören.
Erst vor zwei Wochen führte die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) eine groß angelegte Aktion gegen die Szene durch. In fünf Bundesländern (Kärnten, NÖ, Salzburg, Steiermark, Tirol) gab es Hausdurchsuchungen. Dabei kam es auch zu zwei Festnahmen. Insgesamt wurde in diesem Zusammenhang gegen sieben Personen ermittelt. Vorgeworfen wird ihnen neben staatsfeindlicher Verbindung auch Nötigung, Betrug oder Anstiftung zum Amtsmissbrauch.
In Deutschland sorgen die Staatsverweigerer (sie sind dort als Reichsbürger bekannt) aktuell für Schlagzeilen. Sie haben das „Königreich Deutschland“ ausgerufen. Ihr „König“ ist Peter Fitzek, der standesgemäß vor Kurzem das Schloss Bärwalde in Sachsen-Anhalt kaufte – mit Spenden seiner Anhänger. Einziehen dürfen hier nur Ungeimpfte und Nichtraucher.
Fitzek, eigentlich Koch, saß bis Februar 2019 in Haft – unter anderem wegen unzulässiger Versicherungsgeschäfte.
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