Die 41-jährige Frau, die am Montag im Landesgericht für Strafsachen in Wien angeklagt ist, wirkt aufgeregt. Als sie ihre Anwältin Astrid Wagner am Gang vor dem Gerichtssaal sieht, stürmt sie auf sie los. "Schauen Sie! Die reden die ganze Zeit miteinander!" Gemeint sind zwei Zeugen - zum einen ein ehemaliger Bekannter, zum anderen ein Sachverständiger. Die beiden würden sich absprechen, befürchtet die Frau.
Den ihr unbekannten Wartenden zeigt sie eine verheilte Wunde an ihrer rechten Hand. "Als ich nach dem Gefängnis daheim war, wollte ich etwas kochen. Schauen Sie, so zittrig bin ich."
Ausflüge mit dem Rollstuhl
Der Serbin, die in Niederösterreich wohnt, wird schwerer Betrug vorgeworfen und sie verbrachte deshalb auch 3,5 Monate in Untersuchungshaft. Sie soll eine schwere Erkrankung simuliert haben um sich so Invaliditätspension und Pflegegeld zu erschleichen. Ebenfalls angeklagt ist ihr Ex-Mann und gleichzeitig nunmehriger Lebensgefährte, der sie dabei unterstützt haben soll. Er brachte die Frau, die laut eigenen Angaben nicht mehr gehen konnte, mit dem Rollstuhl zum Sachverständigen und zur Polizei.
"Um Geld zu verdienen, muss man jeden Tag in der Früh aufstehen und etwas machen. Einfacher ist es, man tut so, als würde man unter einer Krankheit leiden", sagt der Staatsanwalt.
Doch bei der Begutachtung der Frau kamen rasch Zweifel an ihrer angeblichen Erkrankung auf. Auch der Sachverständige äußerte den Verdacht, dass die Frau simuliert. Daraufhin wurde die Polizei eingeschalten, die sie mehrere Wochen observierte.
Ein schwerer Steinsockel
Und die Beamten beobachteten, wie die angeblich schwer beeinträchtige Frau schwere Einkaufssackerl trug, wie sie Fenster putzte und sogar einen schweren Steinsockel im Garten versetzte. Bei der Polizei selbst bekräftigte sie: "Ich bin auf permanente Pflege angewiesen. Den Rollstuhl brauche ich, egal wo ich hinfahre."
Herr B., ein Zeuge, schildert: "Ich wusste, dass sie im Spital war. Sie ist danach einige Monate gehumpelt. Aber sie konnte alles machen. Als ich einen Rollstuhl in ihrer Wohnung sah, habe ich gefragt, wozu der ist. Da hat sie gesagt: 'Nur für die Sozialversicherung.'" Herr B. hatte ihren Mann mit Sanierungsarbeiten beauftragt, immer wieder habe sich die Angeklagte angeboten, die Grundreinigung zu machen - für mehrere tausend Euro. "Sie wollte immer Mitleid. Das konnte dann aber auch schnell umschlagen und sie ist ausfallend geworden", erinnert er sich.
"Er lügt!", ruft die Angeklagte aufgebracht in den Saal. "Warum machst du das? Du warst wie ein Bruder!"
Anwältin Wagner hingegen sieht ihre Mandantin nicht als Betrügerin, sondern eher als psychisch krank. "Ich hätte sie ja als hysterisch bezeichnet. Und als Jammerlappen." Daher beantragt sie weitere Gutachten. Die Frau würde an Hypochondrie oder hysterischer Lähmung leiden.
Hoher möglicher Schaden
Der Schaden, so die Staatsanwaltschaft, hätte Hunderttausende Euro Euro betragen. "Das muss man einmal erwirtschaften."
Das Schöffengericht kommt zur Ansicht: "Sie haben ganz klar simuliert", wie Richter Stefan Romstorfer feststellt. "Sie haben augenscheinlich gelogen." Er verurteilt die Frau zu 21 Monaten Haft, davon 18 Monate bedingt. Ihr Ex-Mann wird zu 15 Monaten bedingt verurteilt. Rechtskräftig. "Ich will meine Ruhe haben", sagt die Angeklagte. Und verlässt flotten Schrittes den Gerichtssaal.
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