Praterstern: Lösung für Alkohol-Problem weiter nicht in Sicht

Der Praterstern und das weitläufige Prater-Areal sind beliebte Treffpunkte für Menschen, die am Rande der Gesellschaft stehen
Bezirkschef möchte ÖBB und Billa in die Pflicht nehmen. Handel lehnt ein Alkoholverbot ab.

In einem Punkt sind sich Politik, Polizei, ÖBB und der Rewe-Konzern einig: Am Praterstern gibt es Probleme punkto Alkohol. Personen mit psychosozialen Problemen – Streetworker nennen sie „marginalisierte Menschen“ – lungern vor dem Bahnhof herum, etliche haben Bierdosen oder Schnapsflaschen in der Hand und riechen nach Alkohol. Fahrgäste oder Passanten sind oft verunsichert, manche fühlen sich gefährdet. Eine Lösung für das Problem ist zurzeit nicht in Sicht.

Auf ein Verkaufsverbot für Alkoholika wollen sich weder Handel noch Gastronomie einlassen. Und auch ein zeitlich begrenztes Konsumationsverbot ist unrealistisch. „Das wäre nicht kontrollierbar“, erklärt der Bezirksvorsteher der Leopoldstadt, Karlheinz Hora (SP). „Wie soll die Polizei wissen, ob in einer Cola-Flasche Limonade oder Wodka drin ist?“

„Freiwilliger Verzicht“

Stattdessen plädiert der Bezirkschef für einen „freiwilligen Verzicht“ des Handels, ab 19 Uhr Alkoholika zu verkaufen. Hauptadressat des Appells ist die Billa-Konzernleitung. Denn der Nahversorger ist am Praterstern sieben Tage pro Woche geöffnet – und das bis 22 Uhr. Am Abend konzentriere sich der Ansturm auf billige Getränke genau hier, berichtet Hora.

Handlungsbedarf sieht er zudem bei den ÖBB: „Als Vermieter des Bahnhofs könnten sie in Mietverträgen Einschränkungen beim Alkoholverkauf vorschreiben. Wenn die ÖBB das beim Hauptbahnhof nicht tun, haben sie in zwei Jahren dort dasselbe Problem.“

Und auch den Gesetzgeber möchte Hora in die Pflicht nehmen. „Es wäre schon geholfen, wenn Alkohol nicht mehr als Reiseproviant gelten würde. Dann dürfte er nicht mehr außerhalb der Kernöffnungszeiten verkauft werden. Man müsste sich anschauen, ob die Gewerbeordnung diesbezüglich noch up to date ist.“ Ohne neue Regierung mache es aber keine Sinn, das zu thematisieren.

Bei ÖBB und Billa ist man sich zwar der Problematik bewusst – deshalb unterstützen beide Konzerne das Streetwork-Projekt „sam“ der Suchthilfe Wien finanziell. Von Einschränkungen hält man aber wenig. „Nach 19 Uhr keinen Alkohol zu verkaufen, wäre eine Symptom-Bekämpfung ohne Wirkung“, meint Rewe-Sprecherin Ines Schurin. Zum einen könne sich besagte Klientel auch vor 19 Uhr mit Alkoholika eindecken. „Und zum anderen sehen wir nicht viel Sinn darin wegen einer kleinen Gruppe für die Mehrheit der Kunden den Zugriff auf das Sortiment einzuschränken.“ In dieselbe Kerbe schlägt ÖBB-Sprecher Michael Braun.

Bei der Polizei bestätigt man das Alkohol-Problem zwar, ein Risiko für Unbeteiligte gebe es aber kaum. „Wir haben hier immer wieder Amtshandlungen in Verbindung mit Alkohol. Vor allem Streitereien, Ladendiebstähle oder Vandalismus“, bestätigt Oberst Hans Golob. „Aber Passanten werden selten in Mitleidenschaft gezogen. Die Leute streiten höchstens untereinander. Die wollen eigentlich nur in Ruhe gelassen werden.“

Praterstern: Die ewige Problemzone

In der Mondscheingasse hat es 2007 begonnen, einem Gässchen nahe der Verkehrsdrehscheibe Jakominiplatz. Später kamen Univiertel und Hauptplatz dazu, seit Mai 2012 ist die gesamte Innenstadt erfasst: Die Grazer Politik, Polizei und Ordnungswache haben Erfahrung mit Alkoholverboten an öffentlichen Plätzen.

Auslöser dafür waren einerseits Anrainerbeschwerden wegen angeblich lärmender Betrunkener in der Nacht. Andererseits aber auch eine Gruppe von Menschen, die tagsüber mit Alkoholika auf der Straße steht, vor allem in der Nähe des Rathauses. Mit ihnen habe „es immer wieder Probleme gegeben“, begründete die ÖVP-FPÖ-Mehrheit ihren Beschluss, das Alkoholverbot auszudehnen.

Der Genuss von Alkohol in der Öffentlichkeit ist mit 30 Euro Strafe bedroht oder Anzeigen, bei denen bis zu 2200 Euro Geldstrafe fällig werden können. Kontrolliert wird von der Ordnungswache. Von 1. Jänner bis 22. Oktober schritt sie 762 Mal ein, rechnet Wolfgang Hübel vom Sicherheitsmanagement der Stadt vor: Es setzte 665 Belehrungen, 62 Strafverfügungen und 35 Anzeigen.

Der FPÖ dürfte das Alkoholverbot allein aber nicht reichen. Seit Kurzem beschallt sie einen Teil des Hauptplatzes mit klassischer Musik: Um die „Stimmung dieser Gruppe“ am Hauptplatz zu beruhigen. Wirkung zeigte das aber nur auf die SPÖ: Deren Regierungsbüro-Angestellte im Rathaus klagen über Lärmbelästigung.

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