Pop-Up-Radwege: Experten sehen Sicherheitsrisiken
Über nur wenige Themen kann sich der gemeine Wiener so aufregen, wie über den Verkehr. Aktuell hat die Grüne Vizebürgermeisterin Birgit Hebein verkündet, dass die Innenstadt autofrei werden soll.
Ein anderes ihrer Projekte beschäftigt die Kritiker schon länger, nämlich die Pop-Up-Radwege in der Hörlgasse, in der Wagramer Straße, der Lasalle- und der Praterstraße. Die Wege wurden - mehr oder weniger - spontan umgesetzt. Für manche ging das zu spontan.
Polizei wurde nicht gefragt
Wie der KURIER aus Polizeikreisen erfuhr, wäre man gerne in das Verkehrs- und Sicherheitskonzept der Wege eingebunden worden. Es gäbe nämlich durchaus Stellen, bei denen es für die Radler gefährlich werden kann. Gefragt wurde man aber nicht.
Auch offiziell bestätigt die Pressestelle der Wiener Polizei, dass man nicht eingebunden worden sei - das musste Hebein auch nicht.
Auf KURIER-Anfrage heißt es aus ihrem Büro allerdings: "Die Polizei war in Ermittlungsverfahren immer eingebunden. Die Pläne hat die MA 46 gemacht, die Verkehrssituation bestimmt natürlich den Plan. Da geht es zum Beispiel um Betonleitwände in der Wagramerstraße, Auflösung der Parkspur in der Lasallestraße wegen der hohen durchschnittlichen Verkehrsstärke und so weiter."
Geringer Nutzen, viele Nachteile
Ein Team von ÖAMTC-Experten hat sich die Pop-Up-Radwege genauer angeschaut und kam zu dem Schluss, dass es besonders in zwei Fällen "geringen Nutzen bei gleichzeitig vielen Nachteilen" gäbe - und zwar sowohl für Rad- als auch für Autofahrer.
Aufgrund der Fahrstreifenreduktionen gäbe es Staus und das, obwohl die Radwege nur wenig genutzt werden. „Das mag womöglich daran liegen, dass bedingt durch die kurzfristige, temporäre Installation dieser Radwege Verkehrssicherheitsrisiken vorprogrammiert sind. Insbesondere die mitunter unübersichtlichen Querungsstellen bergen enormes Gefahrenpotenzial“, so ÖAMTC-Verkehrsexperte Matthias Nagler.
Der Lokalaugenschein bei den Pop Up-Radwegen habe gezeigt, dass der Großteil der Radfahrer eher die bereits bestehende Infrastruktur nutzt oder auf Radwege in benachbarten Parallelstraßen ausweicht - weil man sich dort anscheinend sicherer fühlt, so die Experten.
Vor allem der Radweg in der Hörlgasse im Alsergrund ist für die ÖAMTC-Experten nicht nachvollziehbar, weil es in den benachbarten Parallelstraßen drei Hauptradrouten gibt, nämlich in der Berggasse, der Maria-Theresien-Straße und am Ring.
Der ÖAMTC bliebt bei der Kritik aber nicht auf rein verkehrstechnischer Ebene, sondern wurde auch politisch: Die gewählte Vorgangsweise seitens der grünen Stadtpolitik lasse die immer beschworene umfassende Bürgerbeteiligung schmerzlich vermissen.
Jetzt fordern die Experten eine Evaluierung der Anlagen. Sollten sie sich als unnütz herausstellen, sollen sie entfernt werden. "Qualitativ hochwertige und sichere Radfahrinfrastruktur kann nicht einfach über Nacht geschaffen werden, sondern erfordert umfangreiche und gewissenhafte Planung", heißt es in einem Statement.
Im Moment sieht es danach aus, als wäre eher das Gegenteil der Fall, denn zwei der Straßenzüge - Praterstraße und Hörlgasse – sind Kandidaten für eine dauerhafte Umgestaltung nach der Gemeinderatswahl im Herbst.
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