Polizisten mit "schalem Beigeschmack"

Hotspot Brunnenmarkt
Brunnenmarkt: Zwei Strafprozesse gegen Beamte, es geht um Rassismus und Faustschlag.

Brennpunkt Brunnenmarkt, Brennpunkt Schwedenplatz: Zwei Strafprozesse in Wien geben einen kleinen Einblick in die Polizeiarbeit in Wien – ein täglicher Grenzgang.

Drei Beamte aus dem Wachzimmer Brunnengasse in Wien-Ottakring sind im Grauen Haus (auf Grund dürftiger Angaben) wegen Nötigung angeklagt. Sie sollen einen 15-jährigen Flüchtling aus Nigeria genötigt haben, sich auszuziehen und ein bei ihm gefundenes Präservativ über seinen Penis zu ziehen, während ihm auf einem Computerbildschirm Fotos einer korpulenten Frau gezeigt worden seien.

Drogenverdacht

Dazu wurde er laut Anklage rassistisch beschimpft. Zur Erklärung, weshalb er überhaupt mit auf die Polizeiinspektion hatte kommen müssen, lassen die Angeklagten ihre Erfahrung sprechen: "Bei vielen Schwarzafrikanern findet man Suchtgift."

Das fand man bei dem Burschen nicht. Aber sein "Verhalten als Fußgänger" – wobei er andere Personen behindert haben soll – mündete bereits in eine mit 70 Euro ausgemessene Ordnungsstrafe. Und sein Hin- und Herschauen in der Nähe der gern als Drogenbunker verwendeten Marktstandeln, ob sich womöglich Polizei nähert, sei ein ganz "klassisches Verhalten."

Worin der Unterschied zwischen einem sich nach einem Bekannten und nach der Polizei Umschauen bestehe, will die Staatsanwältin wissen. "Es schaut anders aus", lautet die Antwort.

Verteidiger Werner Tomanek ist froh, dass sich überhaupt Polizisten finden, die in seiner Urheimat Dienst machen: "Als Eingeborener fühlt man sich dort unwohl." Im berüchtigten "Fall Brunnenmarkt" (ein unterstandsloser Kenianer, um den sich die Behörden nicht gekümmert hatten, erschlug im Mai 2016 eine 54-jährige Wienerin mit einer Eisenstange) hätten ja alle weggeschaut.

Seine Mandanten bestreiten sämtliche Vorwürfe. Sie wollen den Nigerianer nicht einmal ordinär beschimpft haben. "Ich bin wohlerzogen, so etwas kommt mir nicht über die Lippen", will ein Beamter, der seit zehn Jahren am Brunnenmarkt im Einsatz ist, glauben machen. Nachdem sich der Nigerianer in Widersprüche verwickelt, fällt Richterin Minou Aigner allerdings drei Freisprüche.

"Bermudadreieck"

Kollege Marc Farkas hat es mit einem 24-jährigen Thai-Boxer zu tun, der als Polizist im "Bermudadreieck" am Schwedenplatz Dienst macht. 16 Mal musste er bereits Zwangsmittel einsetzen, was für den Richter einen "schalen Beigeschmack" hat. Die Ermittlungen wegen eines Faustschlags für ein streitendes schwules Pärchen im Mai des Vorjahres wurden eingestellt.

Im aktuellen Fall soll der Beamte im Juli 2017 einem Randalierer mit der Faust einen Haarriss der Augenhöhle und einen verschobenen Nasenbeinbruch zugefügt haben. Die Betrunkenen am Schwedenplatz würden sich "mutiger und stärker" fühlen, sagt der angeklagte Polizist. Der Prozess wurde vertagt.

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