Seine Geschichte ist alles andere als ein Einzelfall. Laut übereinstimmender Berichte von von Insidern aus großen und kleinen Pflegeorganisationen hat man in Österreich ein gröberes Problem: zum einen fehlen überall ausgebildete Pflegeassistenz- und Pflegefachkräfte, zum anderen lässt man dafür sogar überqualifizierte Bewerber aus Drittstaaten monatelang nicht arbeiten.
Anders als in anderen EU-Ländern wird ihnen von den Integrationsbehörden und vom Arbeitsmarktservice kein roter Teppich ausgerollt. Ganz im Gegenteil.
"Ich wollte immer in Wien arbeiten", erzählt der junge Bosnier aus Visoko bei Sarajevo, warum er nicht auch den Angeboten aus Deutschland folgte. Im Jänner 2023 war es endlich soweit. Malteser Care bot dem gut ausgebildeten Pfleger eine Stelle für den Bereich der mobilen Dienste.
Man hätte ihn gerne Vollzeit angestellt, und er hätte gerne Vollzeit gearbeitet. Doch da hatte der Gesetzgeber etwas dagegen. "Während einer Nostrifizierung dürfen Pflegekräfte nur zwanzig Stunden arbeiten", kritisiert Malteser-Care-Geschäftsführer Helmut Lutz, der seit eineinhalb Jahren für seinen ambitionierten jungen Mitarbeiter kämpft.
Wenige Wochen nach seinem Start bei den Maltesern der nächste Rückschlag: Im April 2023 wurde Emir Bakšić von der MA 35 (Fremdenpolizei) beschieden, dass er, wenn er nicht umgehend einen Nostrifizierungslehrgang belegt, das Land sofort verlassen müsse. Gerne hätte er so einen Lehrgang belegt, alleine: der nächstmögliche Kurs für ihn wurde erst im September 2023 angeboten.
Dann wurde es juristisch spitzfindig, und dem an sich tiefenentspannten Malteser-Geschäftsführer platzte der Kragen. In einem Interview mit dem KURIER machte Lutz seinem Ärger über uneinsichtige Behörden Luft. "Immerhin hätten wir aufgrund der ständig steigenden Nachfrage den jungen engagierten Kollegen eher heute als morgen Vollzeit anstellen wollen."
Gut dokumentiert sind andere Fälle von Pflegekräften, die jobfit waren und dennoch mehr als ein Jahr in Österreich nicht arbeiten konnten. Eine junge Malteser-Care- Mitarbeiterin lebte mehr als ein Jahr auf Kosten ihrer Familie in Serbien, ehe sie endlich losstarten konnte.
Die öffentliche Kritik von Helmut Lutz wurde immerhin gehört. Die Leitung der MA 35 lud ihn zu einem Gespräch ein, um ihm im kleinen Kreis zu raten, sich in der Causa Nostrifizierung an die Wirtschaftsagentur Wien zu wenden.
Best practice?
Inzwischen haben Helmut Lutz und Emir Bakšić gut lachen. Der Mitarbeiter hat den Nostrifizierungslehrgang erfolgreich abgeschlossen, und die Wirtschaftsagentur konnte ihm helfen. Sein Chef sagt: "Der Termin dort hat 45 Minuten gedauert, dann war alles unter Dach und Fach."
Nach seinem Urlaub kann der Bosnier als Pflegefachassistent mit mehr Aufgaben als zuvor, besserer Bezahlung und vor allem vierzig Wochenstunden arbeiten. Weil das offensichtlich geklappt hat, sollen mehr Menschen von diesem Service erfahren, betont Malteser-Geschäftsführer Helmut Lutz.
Eine genaue Zahl, wie viele gut ausgebildete Fachkräfte in Österreich versucht haben, eine Arbeit anzunehmen und dabei gescheitert sind, kann Lutz nicht nennen: "Es sind in jedem Fall viele, nicht nur in Wien, sondern in ganz Österreich."
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